piwik no script img

Vulkan live – die Welt der Top-Manager

■ Wedemeiers Kandidat im Aufsichtsrat betrieb den Sturz von Hennemann / Dresdner Bank-Boß reichlich ahnungslos

Der Vulkan-Untersuchungsausschuß nahm gestern noch einmal seine Verhandlungen über die Monate unmittelbar vor der Krise im Sommer 1995 auf; die Befragung von zwei wichtigen Aufsichtsrats-Mitgliedern erlaubte tiefe Einblicke in die Welt der Top-Manager.

Da war Dr. Joachim Theye (57), der prominente Anwalt von Leo Kirch. Er war 1993 nach einem Gespräch mit Friedrich Hennemann und dem damaligen Bürgermeister Klaus Wedemeier in den Aufsichtsrat gekommen. Ein Jahr später, so berichtete er gestern dem Ausschuß, habe er begonnen, auf die Ablösung Hennemanns hinzuarbeiten. Denn Hennemann sei zwar „hochintelligent“, aber „unfähig, ein Geschäft zu machen“. Daß der Ausschuß weder in den Akten noch in den bisherigen Vernehmungen auf Spuren dieser Bemühungen gestoßen ist, versteht sich für Theye von selbst: Solche Personalfragen müssen höchst sensibel eingefädelt werden. Bei Theye festigte sich im Frühsommer 1995, als von Vulkan-Krise noch keine Rede war, auch schon der Eindruck, daß der Konzern „nicht zu retten“sei. Auf welchem Hintergrund sich solche Auffassungen damals bilden konnten, konnte Theye allerdings nicht aufklären. Im Sommer 1995 gehörte Theye, das haben auch andere bestätigt, mit den Banken-Vertretern im Aufsichtsrat zu denjenigen, die die Ablösung Hennemanns forderten.

Daß Wedemeier ihn 1993 in einem Brief, der dem Ausschuß vorliegt, als „Vertreter des Senats“im Aufsichtsrat bezeichnet hat, war Theye nicht bekannt gewesen. So etwas „hätte man auch abgelehnt“, versicherte er: Wedemeier habe nie versucht, auf seine Meinungsbildung Einfluß zu nehmen. Umgekehrt habe er den Bremer Bürgermeister über seine Meinung über Hennemann nicht ins Bild gesetzt, weil bekannt war, daß dieser mit Wedemeier eng kooperierte.

Eher unbedeutend stellte dagegen der Vertreter der mächtigen Dresdner Bank im Aufsichtsrat, Dr. Bernd W. Voss (57), seine Rolle dar. Mit seinen eigenen Initiativen sei er im Aufsichtsrat immer allein dagestanden, bekannte der Banker, Vorstand und Arbeitnehmerbank hätten sich offenkundig immer vorher abgestimmt. Dabei hat die Dresdner Bank eine „betriebswirtschaftliche Abteilung“, die für ihre Aufsichtsräte den erforderlichen Sachverstand zusammenträgt. Voss selbst sitzt u.a. auch im Aufsichtsrat der Vulkan-Konkurrenz Thyssen (HDW) („Das habe ich zu keiner Zeit als Problem empfunden“). In einer Bank kommt so manches Insiderwissen zusammen: Die Dresdner Bank ist zum Beispiel eine Hausbank von Schiess, und als der Vulkan diese Maschinenbaufirma übernehmen wollte, erkundigte sich Voss intern – und enthielt sich der Stimme. Als Aufsichtsratsmitglied des Vulkan mußte er Vulkan-Interessen vertreten, nicht die Interessen des Kreditgebers – „ich habe darin kein Problem gesehen“, bekannte Voss auch hier.

Die Bank wußte aber auch nicht allzu viel über den Zustand des Konzerns, wenn man den Äußerungen von Voss folgt. Grundsätzlich seien die Fachleute in der „betriebswirtschaftlichen Abteilung“skeptisch gewesen, die Wirtschaftsprüfer hätten sie dann aber immer wieder überzeugt – sogar noch sechs Wochen vor der Krise im Sommer 1995.

Voss war auch von Hennemanns rhetorischen Fähigkeiten beeindruckt. Trotz der schlechten Zahlen habe der in den Hauptversammlungen immer „alle Aktionäre eingewickelt“. Sie auch? fragte Ausschußvorsitzender Hermann Kuhn schnippisch. K.W.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen