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Der Traum vom Bad in der Elbe

Gruner + Jahr spendiert 600.000 Mark: Elbe soll Weltnaturerbe werden  ■ Von Heike Haarhoff

Sie sind jenseits der 50, seriös beschlipst und sitzen im repräsentativen Auditorium des Verlagshauses von Gruner + Jahr (G+J). Über ihnen schwebt meterbreit das Panorama der überfluteten Elbe bei Hitzacker. Da fassen sich die beiden Männer ein Herz: Sie müssen jetzt einfach mal „von unseren Träumen reden“.

Der eine, Gruner + Jahr-Vorstandschef Gerd Schulte-Hillen, schwelgte gestern in Erinnerungen an eine Zeit, da „als kleiner Junge unbefangen bei Teufelsbrück in der Elbe schwimmen gehen konnte“. Der andere, Roberto Epple, leitet das Projekt „Lebendige Elbe“der Deutschen Umwelthilfe (DUH), hat also berufsbedingt ein Faible für den Strom. Die beiden eint der Wunsch, „den Naturraum Elbe wieder lebensfähig“zu machen.

Mehr Schadstoffsanierung, mehr Artenschutz für Pflanzen und Tiere, mehr Kompromisse zwischen ökologischen und ökonomischen Anforderungen an die Wasserstraße stellen sie sich dazu vor. Verbunden mit dem höchsten Ziel, der „Wiederkehr des Badespaßes“, der „symbolischen Umarmung mit der Elbe“.

Und da vor allem der Verlagsboß in der glücklichen Lage ist, über das nötige Kleingeld zu verfügen, wird G+J bis zum Jahr 2000 jährlich 200.000 Mark Fördermittel in das DUH-Projekt „Lebendige Elbe“pumpen. Auf daß diese die mehr als „450 Initiativen und Gruppen entlang der Elbe, die alle den Fluß retten wollen“, vernetze.

Pünktlich zur „Expo 2000“in Hannover soll dann auch die Unesco von dem löblichen Vorstoß Wind bekommen haben und die Elbe gefälligst als „Weltkultur- und Weltnaturerbe“ausweisen. Derzeit existieren weltweit 350 solcher Kultur- und 102 Naturdenkmäler.

Derweil holt wenige Kilometer entfernt Gerd Flügge, Leiter der Bundesanstalt für Wasserbau in Rissen, solche Träumer zurück in die bittere Wirtschaftsrealität: Mit Hilfe einer Computersimulation versuchte er gestern zu beweisen, daß die geplante Vertiefung der Fahrrinnen zwischen Cuxhaven und Hamburg von derzeit 12,80 Meter auf 13,80 Meter durchaus umweltverträglich sei. Bürgermeister Henning Voscherau (SPD) will den ersten Spatenstich für das 255-Millionen-Projekt zwei Tage vor der Wahl am 19. September tätigen. Doch der BUND warnt: 28 Millionen Kubikmeter teils belasteter Böden wären umzulagern, Strö-mungsverlauf und Gezeitensystem würden beeinflußt.

Der Senat aber sieht nur die Interessen der Reeder: Die könnten mangels Wassertiefe mit ihren riesigen Containerschiffen bald nicht mehr den Hafen anlaufen. Die Jahresstatistik des Schiffsmeldedienstes widerlegt dieses Schreckensszenario auch 1996: Kein einziges Containerschiff nutzte vergangenes Jahr den maximal zulässigen tideabhängigen Tiefgang von 12,80 Metern aus. Das tiefste Schiff war die MSC Nuria mit 12,40 Metern Tiefgang.

Überhaupt waren nur zehn Schiffe so stark beladen, daß sie auf den Wasserstand Rücksicht nehmen mußten; 1995 waren es noch 24. Bis zu einem Tiefgang von zwölf Metern ist die Elbe ohnehin jederzeit, also tideunabhängig, befahrbar. Die Schiffe könnten bequem tonnenweise mehr laden, ohne daß die Elbe auch nur einen Zentimeter ausgebaggert werden müßte, stellt GALier Alexander Porschke klar: Zehn Zentimeter Tiefgang entsprechen rund 80 Containern Ladung. „Die Dringlichkeit der Elbvertiefung ist also reine Zweckpropaganda.“

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