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Debatte: Sollen Professoren nach Leistung bezahlt werden?

Uni-SpezialSommersemester 1997

Debatte: Sollen Professoren nach Leistung bezahlt werden?

Pro

Als ich 1968 mein Studium begann, gab es noch die sogenannten Hörergelder: Die Höhe der Gehälter der Hochschullehrer war zum Teil von der Zahl der Studierenden in ihren Veranstaltungen abhängig. Diese Umverteilungsmechanismen sind einst der Universitätsreform zum Opfer gefallen. Jetzt ist die leistungsbezogene Mittelvergabe wieder im Gespräch. Wettbewerb soll an den Unis wichtiger werden – auch in der Lehre. Die Fachbereiche bekommen bereits einen Teil ihrer Gelder nach Leistungskriterien zugewiesen. Doch ob es den Profs auch so gehen soll, ist umstritten.

Am wenigsten klar ist bisher, wie Leistungen im Bereich Lehre und Studium gemessen werden sollen. In den vergangenen Jahren hat man sich immerhin darauf geeinigt, Lehrevaluationen nicht zur Grundlage von Gehältern zu machen. Denn dies widerspräche dem ursprünglichen Ziel der Evaluation, die Lehre qualitativ zu verbessern Die Debatte konzentriert sich daher auf sogenannte Belastungskriterien wie Lehrbelastung, Zahl der Prüfungen und Umfang der Betreuung.

„Belastung“ – was für ein Wort! Sind denn Studierende eine Belastung? Hier macht die Sprache deutlich, daß die Reputationsmechanismen nach wie vor nur über Erfolge in der Forschung funktionieren. Neben den Belastbarkeitskriterien werden daher Erfolgsindikatoren in der Lehre diskutiert. Es ist eine Zukunftsaufgabe, der Lehre zukünftig bei der Mittelverteilung mehr Gewicht beizumessen. Die Suche nach geeigneten Erfolgsindikatoren – wie Studienerfolgsquoten oder Akzeptanz auf dem Arbeitsmarkt – ist im Gange. Leistungsbezogene Mittelzuweisung auf Basis von Lehrleistungen wird kommen. Die Diskussion ist unumkehrbar. Dieter Grühn

Der Autor ist Soziologe und arbeitet im Bereich Studienreformen und Lehrevaluation an der FU.

Contra

Brauchen wir leistungsbezogene Gehälter für Professoren? Haben wir doch schon! Im vorhandenen Besoldungssystem ist die Leistungskomponente längst eingebaut. Wer heute als Professor mehr Geld verdienen will, muß sich an eine andere Hochschule berufen lassen und dort über seine Lehr- und Forschungsausstattung neu verhandeln. Und just jetzt sollen „Evaluatoren“ bereitgestellt werden, um „die Leistung“ zu beurteilen? Das macht nur Sinn, wenn die Professoren ein Einheitsgehalt bekommen, auf das dann durch befristete Leistungszulagen (nach oben offen?!) aufgebaut wird.

Aber was ist Leistung, und wer stellt sie fest? Leistung muß sich an ihrem Beitrag zur Förderung und Entwicklung von Qualität orientieren. Doch der Qualitätsbegriff hat je nach Erkenntnisinteresse verschiedene Ausprägungen – vor allem in Forschung und Lehre. Als Evaluatoren der Lehre könnten nun die Studenten ein erhebliches Wort mitreden. So können beide Seiten von- und miteinander lernen. Tatsächlich kommt es nur auf die Qualität der forschungsgestützten Lehre an. Doch es darf nicht sein, daß professorale Leistung bewertet wird von 14-Semestrigen oder „Pokerface-Studenten“, die viel verbergen, wenig wissen und obendrein ihren Professor für ihre Unkenntnis verantwortlich machen. Und hochkomplexe, nicht im Stil von TV-Entertainment darbietbare Innovation darf außerdem nicht als schlechte Lehrleistung durchfallen. Leistung in der Lehre, die besonders bezahlt wird, erfordert daher gegenseitige Haftung von Lehrenden und Lernenden gegenüber der wissenschaftlichen Qualität. Darüber brauchen wir den Konsens. Reinhard Kuhnert

Der Autor ist Professor an der Pädagogischen Hochschule Schwäbisch Gmünd und Bundesvorsitzender des Verbandes Hochschule und Wissenschaft

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