■ Kommentar: „Deutschland zuerst!“
Wer und was ist Innensenator Jörg Schönbohm? Ein Nationalist, einer, der mit dem Säbel rasselt? Oder ein „Hinterwäldler“, wie die PDS urteilt, ein „Mann der deutschen Arroganz“, wie die Grünen nach Schönbohms jüngsten Aussagen zur „Überfremdungsangst“ meinen? Was, so wird die Frage aufgeworfen, ist der gedankliche Überbau eines Innensenators, dessen politischer Unterbau allseits bekannt ist?
Was aber hat Jörg Schönbohm nun gesagt? Daß das Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher ethnischer und kultureller Herkunft „erhebliche Probleme“ erzeugen kann? Geschenkt. Daß es Ängste in der deutschen Mehrheitsbevölkerung gibt? Tägliche Realität. Aber: Solche Realitäten lassen sich eben genausowenig wegreden wie die Realität einer multikulturellen Gesellschaft. Wenn Schönbohm dagegen sagt, daß die „deutsche Kultur Vorrang“ haben müßte, so wird deutlich, daß da einer spricht, der die multikulturelle Realität mit dem Hinweis auf die „Identität der Bundesrepublik als Nationalstaat der Deutschen“ noch immer unter den Teppich kehren zu können meint. Spätestens hier wird aus dem Überbau wieder handfeste Politik. Dabei geht es weniger um die Multikulti-Gesellschaft von heute als um die künftigen Einwanderungsbewegungen und das Zusammentreffen von „erster“ und „dritter Welt“ von morgen. Schönbohms Antwort darauf ist eindeutig: Sie heißt „Deutsche zuerst!“ statt Menschenwürde. Uwe Rada
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