: Baufirmen verlassen Transrapid
Verkehrsminister Wissmann will aber trotzdem weitermachen. 20 Milliarden Mark werden in dem Prestigeobjekt entschweben, schätzt der BUND ■ Von Ulrike Fokken
Berlin (taz) – Die politische Entscheidung für den Transrapid stützt Bundesverkehrsminister Matthias Wissmann mit einer neuen Wirtschaftlichkeitsrechnung der Magnetschwebebahn. Zwei private Beratungsunternehmen haben für die Bundesregierung ausgerechnet, daß sich das Projekt lohnt. Nach der lange erwarteten und mehrfach angekündigten Studie schafft der Bau der Schwebebahn nicht nur 18.000 Arbeitsplätze, sondern sichert „in der Zeit danach einen Arbeitsmarkteffekt von zirka 4.400 Arbeitsplätzen“, sagte der Bundesverkehrsminister gestern. Wo diese Arbeitsplätze entstehen sollen, blieb gestern unklar.
Die Studie war gestern überraschend auf einer hektisch einberufenen Pressekonfernez veröffentlicht worden. Die Süddeutsche Zeitung hatte nämlich in ihrer Freitagsausgabe gemeldet, daß die drei Bauunternehmen Philipp Holzmann AG, Hochtief AG und Bilfinger & Berger AG aus dem Baukonsortium für den Transrapid ausssteigen. Alle drei Unternehmen bestätigten umgehend ihren Rückzug aus dem Projekt. Bereits vor einem halben Jahr war das vierte Bauunternehmen, Dywidag, ausgestiegen. Aktienanleger dankten den Unternehmen die klare Absage des Milliardengrabs Tranrapid: Die Kurse der Konzerne schossen schon im vorbörslichen Handel nach oben.
Nach dem Rückzug der Baukonzerne hat die Deutsche Bahn AG die Führung für den Bau übernommen. Als private Unternehmen verbleiben die Thyssen AG, die Siemens AG und Adtranz. Der Lokomotiven- und Waggonbauer Adtranz ist eine gemeinsame Tochter der Daimler-Benz AG und ABB. Die Konzerne sichern „ein effizientes Kostenmanagement“, sagte Wissmann gestern. Zusammen zahlen die Unternehmen 500 Millionen Mark in eine private Finanzierungsgesellschaft ein. Das ganze Projekt soll nach den gestern vorgestellten Berechnungen rund zehn Milliarden Mark kosten. Der Bund will den Transrapid mit 6,1 Milliarden Mark aus der Steuerkasse finanzieren. Die realen Kosten werden jedoch nach Berechnungen der Opposition und des Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) bei 20 Milliarden Mark liegen.
In der neu zu gründenden Finanzierungsgesellschaft übernehmen die Privatunternehmen lediglich die „Verantwortung für die technische Machbarkeit und die zeitliche Verfügbarkeit des Gesamtsystems Magnetschnellbahn“, sagte Wissmann. Die Deutsche Bahn AG, immer noch 100prozentige Tochter der Bundesregierung, wird das Gesamtsystem vertreiben und den Fahrweg bauen. Da sie das nicht selbst übernehmen kann, wird die Bahn den Bauauftrag europaweit ausschreiben. Bahn und Bundesregierung erhoffen sich dadurch deutlich niedrigere Kosten. Die Deutsche Bahn soll „keinen Eigenkapitalbeitrag mehr bringen“. Wissmann rechnet mittlerweile mit 11,4 Millionen bis 15,2 Millionen Fahrgästen im Jahr. Die Zahl der Personenkilometer werde sich zwischen 2,6 Milliarden und 3,5 Milliarden jährlich einspielen und liege somit unterhalb der bisherigen Annahme von 4,1 Milliarden Kilometern. Die neuen Berechnungen zeigten, daß mehr Passagiere als erwartet nur Teilstrecken mit dem Transrapid fahren werden und nicht die volle Strecke von Hamburg nach Berlin.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen