: Satirestopp beim NDR
■ Maulkorberlaß: Das Magazin „extra drei“ wird „Panorama“ angegliedert
Hamburg (taz) – Wieder einmal hat der kleine Dienstweg vom Hamburger Rathaus zum NDR funktioniert. Noch Anfang des Monats hatte sich Bürgermeister Henning Voscherau über eine Satireaktion des NDR-Magazins „extra drei“ aufgeregt – gestern nun verkündete der bisherige Redaktionsleiter Hans-Jürgen Börner das Ende der Sendung in ihrer bisherigen Form und seine eigene Entmachtung. Demnach soll die satirische Wochenschau in Zukunft der Redaktion von „Panorama“ unterstellt werden, womit die Leitung von Börner auf „Panorama“-Chef Kuno Haberbusch übergeht.
Als Begründung für den Handstreich hieß es im Sender, daß „die Satire in ,extra drei‘ wieder politischer werden“ solle. Viele der freien Mitarbeiter befürchten allerdings, daß sie fortan gar nicht mehr stattfinden wird, um das überalterte NDR-Publikum zu schonen: „Das wird so eine Art ,Panorama‘ für Arme.“
Auslöser für den verhängten Satirestopp war die Flugblattaktion eines „extra drei“-Mitarbeiters, der in der Fußgängerzone „Schluß mit der Rentnerschwemme“ gefordert hatte. Für Voscherau waren damit „die Grenzen des Geschmacks nicht nur erreicht, sondern weit überschritten“. Umgehend protestierte er beim NDR- Intendanten Jobst Plog, der die Schuld ins unterste Glied delegierte und den freien Mitarbeiter rausschmeißen ließ. Somit war abzusehen, daß Plog die Gelegenheit diesmal wahrnehmen würde, die kritische Sendung umzukrempeln. Beim NDR herrscht nun Verwunderung darüber, daß der Rundfunkrat, bei dem normalerweise Beschwerden geäußert werden, einfach übergangen wurde. Aber das ist wahrscheinlich Realsatire. Oliver Gehrs
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen