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Arbeitsexperten halten Jobwunder für möglich

■ Gewerkschaften, Kirchen und Manager erklären im Berliner Memorandum, wie 2,5 Millionen neue Stellen entstehen können. Moderate Lohnerhöhung verlangt

Berlin (taz) – Die Arbeitslosigkeit zu halbieren ist möglich. Wie dieses Ziel, von dem sich die Bundesregierung inzwischen verabschiedet hat, zu erreichen ist, erklären Wirtschaftsforscher und SozialpolitikerInnen heute auf ihrem bundesweiten Kongreß in Berlin.

2,5 Millionen neue Stellen durch Verkürzung der Arbeitszeit, Ausdehnung der öffentlich geförderten Beschäftigung und Innovation in den Unternehmen: Hinter diesem Programm versammeln sich auf Einladung der Berliner Arbeitssenatorin Christine Bergmann (SPD) VertreterInnen der Kirchen und Gewerkschaften, Manager und sogar Abgesandte des Rationalisierungs-Kuratoriums der Deutschen Wirtschaft. Schönheitsfehler: Mitglieder der CDU/ FDP-Regierungen der Länder und des Bundes fehlen fast völlig.

Die ForscherInnen von Bergmanns Beirat für Arbeitsmarktpolitik und des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) haben mit Hilfe eines Computermodells durchgerechnet, wie viele Jobs entstehen können. Ergebnis: Bundeskanzler Kohl hat recht. Bis zum Jahr 2000 lasse sich die offizielle Arbeitslosigkeit von 4,5 Millionen Menschen nicht mehr halbieren, sondern nur auf 3 Millionen reduzieren. Mit ihrer auf die Einhaltung der Maastricht-Kriterien fixierten Sparpolitik habe die Regierung die Chance schlicht vergeben, erklären Senatorin Bergmann und DGB-Vize Ursula Engelen-Kefer. Bis 2005 jedoch lägen 2,5 Millionen neue Stellen im Bereich des Möglichen, heißt es im „Berliner Memorandum für Innovation, Beschäftigung, Wachstum und Wettbewerb“.

Maßnahme eins: Wenn 5 Prozent der Beschäftigten mehr als heute (16 Prozent) Teilzeit arbeiteten und die durchschnittliche Wochenarbeitszeit nur noch 34 Stunden betrüge, könnten 1,4 Millionen Menschen zusätzlich eine Stelle finden. „Auf die Arbeitszeitverkürzung entfallen zwei Drittel der Verringerung der Arbeitslosigkeit“, wissen die VerfasserInnen des Memorandums. Als Voraussetzung nennen sie, daß die Gewerkschaften darauf verzichten, den Wohlstand der Beschäftigten zu heben: Lohnerhöhung im Rahmen der Inflationsrate muß reichen – das sei der Preis, damit Unternehmer und Bundesbank beim Konsens mitmachten.

Zweitens: Wie in Dänemark soll die öffentlich geförderte Beschäftigung ausgedehnt werden. Über staatliche Lohnkostenzuschüsse finanziert, könnten Arbeitslose als Billigmalocher schneller Stellen in den Betrieben finden. Als Effekt schlagen dabei unter dem Strich rund 400.000 neue Jobs zu Buche.

Die Senkung der Lohnnebenkosten mittels der teilweisen Finanzierung der Sozialversicherung aus einer höheren Mehrwert- und zusätzlichen Ökosteuer sowie ein staatliches Innovationsförderprogramm in Höhe von 40 Milliarden Mark jährlich täten ein übriges. Schlußfolgerung von Arbeitssenatorin Bergmann: „Das Jobwunder ist möglich.“ Hannes Koch

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