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Konsistentes Reformkonzept

■ betr.: „Grüne verpassen den Steu erkonflikt“, taz vom 18. 4. 97

Natürlich ist die Sache mit den Steuern nicht so einfach zu kapieren. Daß Markus Franz über die Schminke der grünen Finanzexpertin ins Thema einsteigt, spricht für sich. Doch immerhin: Der 18jährige taz-Geburtstags-Inlandsredakteur Björn Richter erklärte in seinem Bericht am 17.4.97, worum es den Grünen bei der Reform der Einkommensteuer geht: Sie wollen u.a. 100 Milliarden DM umschichten und Abschreibungsgeschäfte sowie das Ehegattensplitting abschaffen. Der Jungredakteur titelte: „Kampf den Immobilienhaien“. [...] Denn der hat gemerkt, daß das Konzept aus der linken Ecke weht.

Beim Einkommensteuerreformkonzept der Grünen geht es erst einmal um die Verbreiterung der Bemessungsgrundlage. Das trifft die, die viel verdienen, bisher aber kaum Steuern zahlen, weil sie den Abschreibungsdschungel gut ausnutzen können. Begünstigt werden durch das grüne Konzept die Bezieher niedriger Einkommen, und zwar durch den hohen Grundfreibetrag sowie den niedrigen Eingangssteuersatz. Der Rechtsanwalt mit florierender Praxis wird endlich zur öffentlichen Kasse gebeten, die Kassiererin an der Supermarktkasse wird entlastet.

Zweiter Schwerpunkt des bündnisgrünen Reformkonzepts ist die Begünstigung des Lebens mit Kindern anstelle der Förderung der Ehe wie im jetzigen Steuersystem. Das Ehegattensplitting kostet den Staat etwa 15 Milliarden Mark im Jahr – Geld, das zum Beispiel zur Erhöhung des Kindergeldes genutzt werden kann.

Süffisante Bemerkungen hat Markus Franz für das Anliegen der Grünen übrig, die Verteilungswirkung ihres Konzepts seriös durchrechnen zu lassen. Bei Waigel fehlen einfach einige Milliarden, aber angeblich gewinnen alle bei den Steuerreformvorschlägen der Regierungsparteien. So was kann eben niemand seriös durchrechnen. Da müssen ein paar Fallbeispiele im Internet herhalten.

Das bündnisgrüne Steuerreformkonzept ist gerade kein „Mix aus Koalitions- und SPD-Vorstellungen mit einem Schuß eigener Ideen“, sondern ein konsistentes Reformkonzept, das sich an der Steuergerechtigkeit aufgrund der Leistungsfähigkeit orientiert. Die diskussionswürdigen Themen hat der taz-Schreiber leider nicht erkannt: so zum Beispiel die Frage, ob man derzeit die Schichtzulagen aus der Steuerbefreiung rausnehmen kann. Steuersystematisch ist dies zwar unbestritten, weil es hierbei um tarifrechtliche Belange geht, politisch jedoch nicht. Denn in der derzeitigen ökonomischen Situation wäre es schwer für die betroffenen Arbeitnehmer, einen entsprechenden Ausgleich in Tarifverhandlungen durchzusetzen. Spannend ist auch die Frage, wie sich die Abschaffung des Ehegattensplittings bei verschiedenen Einkommensverhältnissen und in unterschiedlichen Lebenssituationen auswirkt. Genug Themen also für journalistisches Engagement. Katrin Schröder, Abgeordneten-

mitarbeiterin bei B'90/Grüne,

Berlin

Da wäre uns eine ganz entscheidende Information vorenthalten geblieben, wenn wir nun nicht gewußt hätten, daß Christine Scheel sich anläßlich der Vorstellung ihres Steuerkonzeptes „ausnahmsweise stark geschminkt“ hatte. Was schließt die geneigte Leserin daraus? Frauen schminken sich bei solchen Ereignissen stark, während Männer sich mit dem Wechseln der Socken begnügen? Frauen, die was von Finanzen verstehen, sind Schminkmuffel?

Bitte verschone uns zukünftig mit derlei Beschreibungen des Äußeren von Frauen. Oder mache es konsequent und berichte entsprechende Details auch über die Männer. Bettina Kähler, Hamburg

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