piwik no script img

"Satire soll stattfinden"

■ Volker Herres, Chefredakteur des NDR-Fernsehens, zum neuen "Extra Drei"

taz: Warum wird die bisherige Eigenständigkeit der „Extra Drei“-Redaktion zugunsten einer Verlagerung zu „Panorama“ abgeschafft?

Volker Herres: Davon kann keine Rede sein. „Extra Drei“ ist bisher eine Redaktion innerhalb der Programmgruppe „Aktuelles und Magazine“. Diese Redaktion soll aus inhaltlichen Gründen zur Redaktion „Panorama“ – künftig „Panorama/Extra Drei“ – verlagert werden. Dort war die Sendung schon einmal angesiedelt. Die Eigenständigkeit wird also weder zu- noch abnehmen.

Warum wird der bisherige Leiter, Hans-Jürgen Börner, als Leiter und Moderator abgelöst?

Hans-Jürgen Börner ist seit Jahresbeginn mein Vertreter, hat also zusätzliche Aufgaben übernommen. Er leitet ferner die Programmgruppe „Aktuelles und Magazine“. Die Verlagerung der „Extra Drei“-Redaktion geht auf ein Konzept zurück, das wir gemeinsam entwickelt haben. Er wird nicht abgelöst, sondern er gibt eine Sendung ab, weil er sich auf neue Aufgaben konzentrieren möchte. Dies ist seine Entscheidung.

Viele befürchten nun ein „Panorama für Arme“.

Das ist Unsinn! „Extra Drei“ bleibt ein eigenständiges Format mit Politik und Satire. Ich kann mir aber sehr gut vorstellen, daß es zwischen den Redaktionen „Extra Drei“ und „Panorama“ einen regen Austausch geben wird. Mit Armut hat das nichts zu tun.

Was wird sich personell in der Redaktion ändern?

Die Redaktion wird komplett verlagert. Ob es innerhalb des neuen Programmbereichs einen Austausch geben wird, entscheidet Redaktionsleiter Kuno Haberbusch.

Werden die freien Mitarbeiter weiterbeschäftigt?

„Extra Drei“ wird auch künftig auf seine freien Mitarbeiter und Autoren angewiesen sein. Wer gute Themen anbietet und exzellente Stücke abliefert, kommt zum Zug.

Dem neuen Konzept nach soll die Sendung politischer werden. Sind Satiren über den Papst oder die Paraphrase eines altenfeindlichen „Spiegel“-Titels nicht politisch?

Auch bisher war „Extra Drei“ keineswegs unpolitisch. Die Sendung hat sich aber formal nahezu vollständig auf Satire, Inszenierungen und Comedy-Elemente verengt. Das war nicht immer so. „Extra Drei“ war früher eine gelungene Mischung aus pointierten, journalistischen Beiträgen und satirischen Stücken. Daran wollen wir wieder anknüpfen.

Das neue „Extra Drei“ soll ein „lockeres, freches, ironisches Magazin“ werden. Klingt wie ein geselliger Abend im Seniorenstift.

Nichts gegen gesellige Seniorenabende! Aber wenn Ihnen diese Attribute besser gefallen: pointiert, meinungsstark, angriffslustig und innovativ – auf keinen Fall betulich.

Als Begründung für den nicht gesendeten Beitrag über die „Rentnerschwemme“ hieß es, man wolle die alten Zuschauer nicht vor den Kopf stoßen. Muß der NDR nicht vielmehr aufpassen, daß er die jüngeren Zuschauer nicht verliert, wenn Satire nur noch unter Aufsicht stattfinden darf?

Die Begründung, die Sie nennen, ist falsch. Der Beitrag „Rentnerschwemme“ wurde von der Redaktion – übrigens bevor es auch nur eine Beschwerde über die schlampige Inszenierung gab! – nicht gesendet, weil er mißlungen war. Wer auf die Idee kommt, der Intendant, der Programmdirektor oder der Chefredakteur würden wegen eines solchen Einzelfalls die Sendereihe in Frage stellen, der hat vom NDR nichts begriffen. Satire darf nicht nur, sondern sie soll stattfinden. Und die Weiterentwicklung zielt gerade darauf, für N3 jüngere Publika zu erschließen, von denen „Extra Drei“ bisher noch zu wenige hat. Interview: Oliver Gehrs

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen