: Der Schlackenzieher
Guny Ibrahim. Ich bin Schlackenzieher, die Arbeit mache ich schon seit elf Jahren. Ich komme aus der Türkei, jetzt bin ich 42 Jahre. Ja, ich ziehe die Schlacke raus, auf den Rüttler. Da, wo die Schlacke rauskommt, schaue ich, daß nix auf das Band fällt, Holz, Eisen oder so. Und wenn die Schlacke kommt, ist sie auch sehr heiß und dampft.
Ich wohne mit meiner Familie in Rommelshausen. Wir haben zwei Kinder, der Junge ist 17 Jahre, und der Kleine ist fünf und geht noch in den Kindergarten. Die Kinder können gut deutsch sprechen. Die Arbeit macht Spaß... aber manchmal kommt dieser gelbe Staub... Der ist sehr gefährlich... Nicht gut für den Körper. Man muß die Maske anziehen, sonst geht das nicht... wegen diesem Staub. Man kann auch dann nicht richtig sehen. Bis jetzt habe ich nichts wegen diesem gelben Staub. Manchmal kommt Rauch, aber nicht immer.
Ich komme aus der Nähe von Ankara. Seit 17 Jahre lebe und arbeite ich in Deutschland. Mir ist bekannt, daß viele in Deutschland über Ausländer schimpfen. Aber es sind nicht alle Menschen gleich, jeder hat eine andere Mentalität. Wenn einem was passiert, ist das schlimm. Gott sei Dank habe ich bis jetzt noch gar nichts davon erlebt, oder mir sind noch keine ausländerfeindlichen Leute begegnet.
Ich habe einen sehr guten Kontakt zu den Leuten, da, wo ich wohne, und auch hier. Meine Arbeitszeit ist in Dreischicht.
In der Türkei habe ich eine Schule besucht, das war so etwas wie hier die Realschule. Danach habe ich dort den Lastwagenführerschein Klasse II gemacht. Mein Vater ist gestorben, meine Mutter lebt noch in der Türkei. Meine Geschwister sind einige in der Türkei, meine Schwester schafft auch hier. Einer ist in Holland, einer ist in Schweden. Wir waren neun Kinder, wir sind in ganz Europa verteilt... Also fünf sind weg, vier in der Türkei. Wir treffen uns, je nachdem, wenn ich Zeit und Lust habe, fahre ich dann nach Schweden oder Holland. Fast alle zwei Jahre fahren wir in die Türkei. Vorletztes Jahr mußten wir über Italien und dann mit Schiff und Fähre in die Türkei fahren... Wegen dem Krieg kann man nicht mehr so gut durch das ehemalige Jugoslawien fahren.
Mir ist besonders wichtig, daß man mit Freude arbeitet, egal, was man macht. Wenn man mit Kollegen zusammenarbeitet, muß man freundlich und gut gelaunt sein. Die Arbeit ist egal, ob sie schmutzig ist oder gefährlich ist... wenn man mit Kollegen arbeitet, die nicht freundlich sind, macht die Arbeit keinen Spaß... wird die Arbeit zur Hölle. Freude gehört zum Leben, auch wenn man arbeitet.
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