: „Nicht Surfen gefahren“
■ Streikbrecher verteidigten sich mit Hilfe der Polizei
Eisessende SchülerInnen in der Innenstadt und rund 3.000 trillernde LehrerInnen auf Bremens Straßen: Das ist die Bilanz des LehrerInnen-Streiktages vom vergangenen Mittwoch gegen die längere Lehrerarbeitszeit. Vor den SPD- und CDU-Fraktionsbüros blieben außerdem hunderte ausgeteilte rote Karten liegen – und in Walle wurde ein Lehrer von seinen streikenden Kollegen versehentlich eingeschlossen. Er hatte vergeblich auf SchülerInnen gewartet und konnte nur durch Zufall aus dem Gebäude befreit werden.
So farbenfroh die vier Demozüge samt Luftballons und Trillerpfeifen auch durch die Stadt zogen: Der Streiktag lief nicht reibungslos ab: Die GEW drosch bei der zentralen Kundgebung auf dem Marktplatz auf „Streikbrecher“ein.
In der Berufsschule für Metalltechnik hatte der Schulleiter die Polizei gerufen, weil streikende Kollegen die Schultore und damit den Zutritt Nichtstreikwilliger verhindert hatten.
Tatsächlich streikten nur 120 der insgesamt 170 Bremer Schulen mit. Vor allem GrundschullehrerInnen blieben zum Wohle der Kinder in der Schule. Außerdem hatten schon im Vorfeld des Streiks Lehrer-Kollegien den Streiktermin kritisiert. Er sei falsch gewählt, weil er in der Öffentlichkeit den Eindruck erwecke, die LehrerInnen wollten sich nur ein langes Wochenende machen.
Doch der GEW-Landesvorstandssprecher Heiko Gosch befand den Termin für „richtig, weil wir nicht Surfen gefahren sind, sondern gekämpft haben für neue LehrerInnen und gegen die Arbeitszeitverlängerung“. Heftig drosch GEWler Jan Bücking auf die Bremer FDP ein, die den LehrerInnen „Besitzstanddenken“vorgeworfen hatte. „Das ist doch nichts verwerfliches. Ich verdiene 6.000 Mark netto als Deutschlehrer. Wir waren doch zu finanziellen Opfern für neue Lehrerstellen bereit“, rief er.
Verstärkung bekam die Bremer GEW auch vom GEW-Hauptvorstand: „Dieser Streik wird führendes Beispiel für die anderen Landesverbände sein. Nur so gehts“, rief Heinz Putzhammer von der GEW-Frankfurt – und Heiko Gosch kündigte für Bremen sogar „weitere Proteste“an. „Aber hütet Euch im Rathaus vor disziplinarischen Drohungen,“bellte er über den Marktplatz.
Denn das hatte die Schulbehörde bereits angedeutet. Bildungssenatorin Kahrs droht für den ersten Streiktag zunächst nur mit Gehaltsabzug. Doch das ist dem Bund der Steuerzahler schon jetzt nicht genug: In einem gepfefferten Brief fordert er die Senatorin auf, den entstandenen Schaden der GEW gegenüber gerichtlich geltend zu machen. Außerdem hätte die Behörde den ohnehin verbotenen Streik schon vorher verhindern sollen. Dazu gab die Schulbehörde bisher keine Stellungnahme ab.
kat
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