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Klemann torpediert Tram zum Reichstag

■ Verkehrsverwaltung gibt intern die Option für eine Straßenbahn durchs Regierungsviertel auf, dementiert aber offiziell. Bundesbaugesellschaft bezieht Tram offenbar nicht in Tunnelplanungen ein

Die Abgeordneten des Deutschen Bundestags werden zu ihrem Arbeitsplatz kaum mit der Straßenbahn fahren können. Die Verkehrsverwaltung hat offenbar die Pläne für eine Erschließung des Regierungsviertels durch eine Straßenbahnlinie aufgegeben. Denn obwohl Verkehrssenator Jürgen Klemann (CDU) vergangenen Mittwoch vor dem Verkehrsausschuß betonte, an der Planung werde wie vorgesehen festgehalten, schreiben seine Mitarbeiter intern das Gegenteil: Eine bislang in den Bebauungsplänen für das Regierungsviertel vorgesehene mittelfristige „Option für die Straßenbahn“ wird nicht weiter verfolgt, heißt es in einer Protokollnotiz, die der taz vorliegt. Verwaltungsvertreter vereinbarten bei der Sitzung einer Kommission am 19. März zum Thema „Hauptstadt Berlin – Parlaments- und Regierungsviertel“ unter „TOP 4.1 – Option Straßenbahn“: Die Abteilung Verkehrsplanung der Verkehrsverwaltung habe die Abteilung Verkehrswegebau darüber informiert, „daß keine Straßenbahneinordnung mehr im Regierungsviertel beabsichtigt wird. Damit ist die ,Option Straßenbahn‘ nicht mehr Bestandteil der Straßenverkehrsmaßnahmen im Bereich des Inneren Spreebogens.“

Dieses Abrücken von der bisherigen Planung wird durch einen internen Vermerk der Umweltverwaltung bestätigt, der der taz ebenfalls vorliegt. Darin heißt es: „Von der Senatsverwaltung Bauen, Wohnen und Verkehr wird die bisher vereinbarte Option einer Straßenbahnanbindung zur Erschließung des Parlaments- und Regierungsviertels aufgegeben.“ Weiter heißt es: „Nach Aussagen des Vertreters der Verkehrsverwaltung auf einer Sitzung vom 2. April 97 wird wegen des geplanten Baus der U-Bahnlinie 5 auf die Straßenbahnoption verzichtet.“

Fritz Herbst von der Verkehrsverwaltung weist diese Darstellung zurück: „Es ist Beschlußlage des Parlaments, die Tram durchs Regierungsviertel zu führen, und daran hat sich nichts geändert. Das ist zwar keine sehr naheliegende Option, aber ein Abrücken von den Plänen ist eine falsche Aussage.“ Vielleicht habe ein Mitarbeiter den Beschluß als so unwahrscheinlich eingeschätzt, daß er dabei „einen Schritt zu weit gegangen“ sei, erklärte Herbst die Protokollnotiz.

Doch laut Vermerk der Umweltverwaltung hat die Absage an die Planung bereits weitere Kreise gezogen: Auch bei der Bundesbaugesellschaft (BBB), die das Regierungsviertel plant, sei ein Schreiben mit der Absage bereits eingegangen. „Die BBB sieht daher keine Veranlassung mehr, bei dem Erschließungstunnel unter dem Reichstagsufer bauliche Vorkehrungen für einen späteren Einbau der Straßenbahngleise (Berücksichtigung von Erschütterungen) zu treffen.“ Günther Meye von der BBB wollte diese Auskunft nicht kommentieren. Die Umweltverwaltung macht bei der Verkehrsverwaltung ein schlechtes Gewissen aus: „Das Schreiben ist auf Verwaltungsebene den bauausführenden Stellen zugegangen“, heißt es, „um eine politische Diskussion mit anderen Senatsverwaltungen zu vermeiden.“ Das will der grüne Abgeordnete Michael Cramer nun nachholen. In einer kleinen Anfrage soll der Senat nun zu der Tramplanung im Regierungsviertel Stellung nehmen. Bernhard Pötter

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