Kommentar: Nicht-ganz-voll
■ Über die Verantwortung eines Senators
Er trage eine „Rahmenverantwortung“, sei nur zuständig für die „Rahmenbedingungen“, erklärte Bremens Justizsenator Henning Scherf in einem Interview gegenüber der Zeitung „Die Welt“. Die Wortschöpfung wird noch von sich reden machen. Das Wort soll freundlicher klingen als „Verantwortung“, soll signalisieren: nicht-ganz-und-voll-verantwortlich. Aber für was soll denn ein Justizsenator die Verantwortung tragen, solange er nicht die Zellen auf- und zuschließt?
Scherf hat einen schweren Fehler gemacht. Nach Abschluß der Ermittlungen hat er Ende April nicht offensiv die Öffentlichkeit informiert, sondern zwei nebulös allgemeine, zusammenfassende Seiten verbreitet: Jetzt würden Zwischenwände in der LVA eingezogen und „weitere Vorfälle in Zukunft“dann vermieden. Kein Anzeichen von dem Entsetzen ist diesem grauen Text zu entnehmen, das jeden ergreifen muß, der die Details in dem Papier der Kripo nachlesen kann. „Scherf ist unter diesen Umständen als Justizsenator nicht mehr tragbar“, so ist die Schlußfolgerung der Grünen.
Wie man es auch dreht: Offenbar reicht eine „Rahmenverantwortung“für den Job eines Justizsenators nicht. Für Selbstjustiz, Folter und schwere Verletzung von Menschenrechten bedeutet für einen Senator gleichzeitig auch eine „Rahmenverantwortung“die volle politische Verantwortung. Klaus Wolschner
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