■ Eishockey-WM: Deutsche und Finnen in Trauer vereint
Tampere (dpa/taz) – Die gelinde Euphorie bezüglich Bundestrainer George Kingston und seiner Eishockey-Nationalmannschaft, die sich auf das Erreichen des Viertelfinales bei der letzten WM in Wien, die Erfolge im Deutschland-Cup und World Cup sowie respektable Ergebnisse in der diesjährigen WM-Vorbereitung gründete, hat bei der Weltmeisterschaft in Finnland ein abruptes Ende gefunden. Spätestens seit dem 0:8 gegen Lettland am Dienstag und dem 2:5 gegen Italien einen Tag später im Rahmen der Abstiegsrunde in Tampere herrschen Entsetzen, Ratlosigkeit und gehörige Angst vor dem heutigen Abstiegsduell mit Norwegen (17.30 Uhr). „Jetzt müssen wir den Kopf freimachen und uns voll reinhauen“, fordert Kapitän Didi Hegen.
Der endgültige Absteiger aus der A-Gruppe der WM wird zwar erst im November in einem Qualifikationsturnier mit Österreich, Kasachstan, Polen und dem Letzten von Tampere ermittelt, doch Bundestrainer Kingston und sein Team haben schon in Finnland den Anschluß an die Weltspitze verloren. „Wer geglaubt hat, wir könnten da oben mitspielen, der ist bescheuert und hat keine Ahnung vom Eishockey“, sagte Torwart Pepi Heiß. Auch DEB-Sportdirektor Franz Reindl konnte nichts mehr schönreden. „Da oben haben wir nichts zu suchen. Wir sind nicht besser als der Platz, auf dem wir stehen.“
„In entscheidenden Momenten schießen wir keine Tore“, begründete Kingston die Talfahrt. Während die Italiener und ihre DEL- Spieler Zarrillo, Felicetti und Nardella eiskalt zuschlugen, klebte den Deutschen „die Seuche am Schläger“, so Didi Hegen. „Das zieht sich wie ein roter Faden durchs Turnier. Wir müssen uns jedes Tor hart erarbeiten, und die Italiener machen so ein Rühreitor zum 1:1.“ Verzweifelt versuchte Kingston, sein Team nach der erneuten Schlappe wieder aufzurichten. „Jetzt geht es nur noch über den mentalen und emotionalen Weg“, erklärte der Professor aus Calgary.
Groß ist der Katzenjammer auch bei den Finnen, die mit der 2:5-Niederlage gegen Schweden nicht nur den Titel, sondern sogar ihre Medaillenchancen verspielten. Für die eishockeyverrückten WM-Gastgeber eine Tragödie. „Das ist ein sehr unglücklicher Moment für mich und meine Spieler. Finnland spielt immer mit sehr viel Herz, aber heute waren wir einfach nicht cool genug“, bekannte der deprimierte Trainer Curt Lundström.
Eine Massenschlägerei lieferten sich die Tschechen und die Kanadier 90 Sekunden vor der Schlußsirene ihres Matches, das die europäischen Titelverteidiger mit 5:3 gewannen. Je vier Akteure beider Teams wurden für die letzten Endrundenspiele gesperrt.
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