: Eine Begnadigung als Preis für Aznars Wahlsieg?
■ Spaniens Regierungschef soll mit der Antiterrortruppe GAL gemauschelt haben
Madrid (taz) – Um an die Macht zu kommen, soll José Maria Aznar mit zwei wegen Mordes verurteilten Polizisten der berüchtigten Antiterrortruppe GAL kooperiert haben. Diesen Vorwurf macht dem spanischen Regierungschef sein Amtsvorgänger Felipe González. Er will Beweise dafür haben, daß der heutige Vizepräsident, Francisco Alvarez Cascos, 1994 einen Pakt mit den Kronzeugen im Fall der „Antiterroristischen Befreiungsgruppen“ (GAL) geschlossen hat.
Das Versprechen Cascos an Jorge Manrique, Anwalt der beiden Polizisten José Amedo und Michel Dominguez: Falls diese mit ihren Aussagen dazu beitrügen, die Regierung zu stürzen, würden sie später begnadigt. Amedo und Dominguez waren 1991 wegen des schmutzigen Kriegs gegen die ETA zu jeweils 108 Jahren Haft verurteilt worden.
Am 16. Dezember 1994 sprachen Amedo und Dominguez dann bei Richter Baltazar Garzón vor. Zeitgleich veröffentlichte das Sensationsblatt El Mundo die Memoiren der beiden, in denen sie ebenfalls ihren einstigen Vorgesetzten bis hinauf zum früheren sozialistischen Innenminister José Barrionuevo beschuldigten, an den GAL beteiligt gewesen zu sein. Einen hätte Cascos gern gerettet: den ehemaligen Sozialistenchef in Bilbao, Ricardo Garcia Damborenea. Der im Baskenland als „Dambo“ bekannte Verfechter bewaffneter Vergeltungsschläge gegen die ETA war mittlerweile zu Aznars Partido Popular (PP) übergelaufen und sollte 1995 als Bürgermeisterkandidat in Bilbao antreten. Daraus wurde nach den Enthüllungen nichts. Doch „Dambo“ erwies sich auch so als guter Parteisoldat und beschuldigte González. Der Skandal nahm seinen Lauf. Vorgezogenen Neuwahlen wurden nötig, Aznar zog in den Regierungspalast.
Anwalt Manrique lasse seit dem Wahlsieg immer wieder an die versprochene Begnadigung erinnern, behaupten die Sozialisten. „Ich möchte dem Vizepräsidenten noch sagen, daß er nicht der einzige war, der bei der Sache mitmischte“, erklärte kürzlich Gonzáles. Wem die Anspielung galt? González hält sich noch bedeckt: „Ich bin Herr der Information, und ich werde sie entsprechend portionieren.“ Reiner Wandler
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