Durchs Dröhnland
: Süße Monologe

■ Die besten und schlechtesten Konzerte der kommenden Woche

Wenn selbst die Nacht irgendwann zur Neige geht, die Glieder schwer geworden sind, aber das Insulin noch nicht alle ist, dann ist die Zeit reif für The Orb. Alex Patterson beweist immer wieder, daß man nicht bekifft sein muß, um wie bekifft daherzugrooven. Jedes kleine Schnipselchen, jedes Tröten, alles Schweben mogelt sich verschämt an sein wohliges Plätzchen. Bloß keine Hektik, einfach nur die Beine fließen lassen.

17.5., 21 Uhr, Arena, Eichenstraße 4

Auf eine ganz andere Art gemütlich sind die Cranes. Zu spartanischer Rockbesetzung sprödelt Alison Shaw sehr gebrochen daher, dabei klang sie schon Ende der 80er so, als würde sie sich gleich vor lauter Langeweile den Strick nehmen. Auch wer Portsmouth nicht kennt, kann sich leicht vorstellen, daß es eine jener typischen grauen englischen Städte ist, in denen ein großer Haufen grandioser Popmusik entstand. Auch wenn sie sich auf der letzten Platte sogar an Lärm versuchen, bleibt doch ihr ureigenstes Terrain die tiefste Depression.

18.5., Trash, Oranienstr. 40/41

Fury in the Slaughterhouse feiern inzwischen ihr zehnjähriges Jubiläum, eröffnen ihre letzte Platte mit einer Klezmer- Weise und äffen in einem Stück afrikanische Chöre nach, doch die Band aus Hannover bleibt weiterhin das nächste, was die BRD an Stadion-Rockformat zu bieten hat. Das rockt halt gut ab, und diverse Fußball-Profis geben sie verdientermaßen als ihre Lieblingsband an.

Noch ein paar Jährchen mehr auf dem Buckel hat J.M. Watts, der in jenem hübschen Sommer 1981 die New Wave in solch verdaubaren Häppchen servierte und mit so kompatiblen Melodien, daß selbst kleine Kinder wie ich begeistert mitsangen. Der New Musical Express vernichtete Fischer-Z damals völlig zu Recht als „überzogenes New- Wave-Plagiat“, aber „Marliese“ mußte man einfach lieben. Seitdem fand man immer wieder neue Bandnamen, folgte eine Durststrecke auf die andere: Watts Kopfstimme ist schon lange nicht mehr so durchdringend, und der Schmock seiner Kapelle hört sich trotz aller Bemühungen nur mehr altbacken an.

18.5., 20 Uhr, Arena

Wo wir gerade bei Helden der frühen Achtziger sind. Sid Griffin spielte damals mit seinen Long Ryders einen epischen Gitarrenrock voller Country-Anleihen, der vielen zu prätentiös war, aber schlußendlich für die Rehabilitation von Country in gewissen Kreisen verantwortlich ist.

Was die Ryders damit angerichtet haben, ließ sich erst kürzlich wieder bei Johnny Cash beobachten. Zwischenzeitlich verschlug es Griffin nach London, wo er mit den Coal Porters so tat, als läge der Picadilly Circus tief im Mittleren Westen. Auf seiner frisch gepreßten ersten Soloplatte gibt er sich ganz akustisch, hat zwar den Country der Heimat nicht ganz vergessen, aber es treibt ihn eher als Singer/ Songwriter und durchaus urban durch die verlaubten Parks, die man auf seinem Plattencover sieht.

Bei der Produktion ausgeholfen haben Stevy Wynn, uramerikanischer Großstadtcowboy, aber auch der jedem bekannte Vorzeige-Herzenssozialist Billy Bragg. Bleibt festzuhalten, daß Griffin zwar nicht recht weiß, was er will, aber dabei doch recht überzeugend zwischen den Welten hängt.

20.5., 21 Uhr, Knaack, Greifswalder Straße 224

Altherrenwoche diesmal: Die Legendary Pink Dots blicken nun auch schon auf sechzehn Jahre Geschichte zurück. Auf jeden Fall Zeit genug für ihren Kopf und einzigen Fixpunkt Edward Kaspel, immer wunderlicher zu werden und gnadenlos die treuesten Fans aus den nur treuen auszusortieren.

Mit seinen Spinnereien war Kaspel zwar nie finanziell erfolgreich, aber einige nicht ganz unwesentliche Musikanten, die wesentlich mehr Platten verkauft haben als er, werfen hin und wieder seinen Namen in die Runde. Wer jetzt auf eine Beschreibung der Musik wartet, kann lange warten, denn eine der liebsten Beschäftigungen von Kaspel ist es, sämtliche Erwartungen über den Haufen zu werfen und einfach was ganz anderes zu spielen.

22.5., 21 Uhr, Insel, Alt-Treptow 6

Es ist ein vertrackter kleiner Kosmos, den Teer Kleene Muck aus Hamburg mit seinen Lagerfeuergitarreninstrumentals und süßen kleinen Monologen abgrenzt. Vielleicht fällt einem als Bezugspunkt noch am ehesten Daniel Johnston ein: Auf den ersten Blick naiv und doch so voller Weisheit.

Das Muck-Universum ist allerdings ausgedehnter, bestehen doch irgendwie geartete Verflechtungen zu unHOLD, die in klassischer Trio-Besetzung einen unglaublich konstruierten Rock-um-allen-Rock-zu-beenden-Rock machen, während Happy Grindcore einfach nur als guter Witz durchgehen: Oder kann sich jemand Death- Metal a cappella vorstellen? Dieser Abend geht ins Extreme, und das in gut und gerne ein Dutzend verschiedene Richtungen gleichzeitig.

22.5., 22 Uhr, Dunckerstraße 64, Eintritt frei Thomas Winkler