: Sozialer Brennpunkt napoleonisch eingeplant?
■ 1 215 mehr Wohnungen für Allermöhe II geplant / CDU: „Änderung ist rechtswidrig“
Auf seine 16 Meter breite „napoleonische Achse, die als Fuß- und Radweg“ das geplante Wohngebiet Allermöhe II diagonal durchqueren soll, ist Hamburgs Oberbaudirektor Egbert Kossak (SPD) besonders stolz.
Sein napoleonisches Vorgehen bei der Umsetzung seiner Bauvorhaben findet die CDU-Bürgerschaftsfraktion weniger gelungen: Sie wirft dem Senat vor, den Bebauungsplan für Allermöhe II im Bezirk Bergedorf eigenmächtig ändern zu wollen. Statt der bisher vorgesehenen 4 500 sollen dort bis zur Jahrtausendwende 5 715 Wohnungen entstehen. Dies unter Ausschluß der Öffentlichkeit zu beschließen, hält die CDU für rechtswidrig und hat einen entsprechenden Antrag an die Bürgerschaft gestellt. Diese hatte den derzeit gültigen B-Plan 1992 beschlossen.
„Wenn 27 Prozent mehr Wohnungen gebaut werden, ziehen auch entsprechend mehr Menschen dorthin“, folgerte CDU-Chef Ole von Beust gestern. Gleichzeitig sollten aber nach Senatsvorstellungen Flächen für Schulen, Kindertagesheime, Spielplätze und Grünflächen reduziert werden. Auf diese Weise „wird da ein neuer sozialer Brennpunkt geplant“, fürchtet der Bergedorfer CDUler Bernd Reinert. Schon jetzt fehlen im Bezirk mehr als 1 600 Kita-Plätze, Schätzungen zufolge werden es 2500 im Jahr 2000 sein. „Die Infrastruktur in Allermöhe I ist völlig überlastet“, bestätigt GALierin Heike Sudmann. Schulen platzten aus allen Nähten, die Kinder müßten zum Teil in Containern unterrichtet werden. Einrichtungen, die eigentlich für Allermöhe II geplant sind, könnten bereits überfüllt sein, bevor überhaupt jemand in den neuen Stadtteil gezogen sei.
Der B-Plan sei lediglich „präzisiert“ worden, seine Änderungen „unwesentlich“, erklärt Kossak. Bei einem 165 Hektar großen Gebiet gebe es eben „Vermessungsfehler“, da könne man die Flächen nicht auf den Quadratmeter genau von vornherein festlegen. Die Gesamtgeschoßflächenzahl erhöhe sich nur um vier Prozent: Mehr Wohnungen gebe es vor allem, weil ihre Grundfläche verkleinert werde. Daß kleinere Wohnungen nicht unbedingt weniger Menschen bedeuten, mochte Kossak nicht glauben. „Skurril“ findet er auch, daß Bernd Reinert erst im Januar von den Änderungen erfahren haben will: „Jeder Schritt ist besprochen worden.“ hh
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