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„Auf keinen Fall ohne Steuererhöhung“

■ Der grüne Finanzpolitiker Oswald Metzger hält die Vorhaben der Koalition zur Auffüllung des Haushaltslochs für völlig ungenügend: „Wir stehen am Abgrund“

taz: Herr Metzger, die FDP schließt eine Steuererhöhung kategorisch, der Fraktionsvorsitzende der CDU, Wolfgang Schäuble, zumindest für dieses Jahr aus. Wird die Koalition das durchhalten?

Oswald Metzger: Auf keinen Fall. Die Deckungslücke ist viel zu groß. Waigel hat endlich zum ersten Mal die Risiken der Arbeitslosigkeit realistisch benannt. Danach müssen wir mit bis zu 20 Milliarden Mark mehr an Haushaltskosten für die Arbeitslosigkeit rechnen. Hinzu kommen die Steuerausfälle. Wir müssen also von einer Deckungslücke von knapp 30 Milliarden Mark ausgehen. Selbst wenn die Bundesregierung Telekomaktien privatisiert, selbst wenn sie im Haushalt einspart, kommt sie auf eine Unterdeckung von mindestens 10 bis 15 Milliarden Mark. Die kann sicher nicht ohne eine Steuererhöhung beseitigt werden.

Und mit einer Erhöhung der Netto-Neuverschuldung ist außerdem zu rechnen?

Aber dieser Erhöhung der Neuverschuldung ist natürlich eine enge Grenze gesetzt. Denn die Regierung will die Defizitkriterien des Maastricht-Vertrages erfüllen. Waigel hat im laufenden Haushalt einen Kreditrahmen von 53 Milliarden plus 4 Milliarden aus den Vorjahren. Was darüber hinausgeht, erfordert einen Nachtragshaushalt und bringt ihn in Kollision mit dem Defizit-Kriterium. Wenn wir zudem die Steuerschätzung für die Länder betrachten, läßt sich absehen, daß wir gefährlich nahe an die Maastricht-Grenze von 3 Prozent für die Neuverschuldung kommen – oder darüber.

Um wieviel darüber?

Ich rechne mit 3,2 Prozent.

Aus Sicht der Bündnisgrünen wäre das doch vertretbar.

Das schon. Aber die Bundesregierung hat immer wieder betont, daß sie punktgenau auf der 3,0 landen will.

Mit der Neuverschuldung wird wohl die Summe der investiven Mittel überschritten, was das Grundgesetz eigentlich verbietet.

Das wird sicher der Fall sein. Das Problem kennt Waigel, er zieht sich auf die Rechtsposition zurück, daß der Artikel 115 GG nur für die Haushaltsaufstellung, nicht jedoch für den Vollzug gilt. Doch selbst dann wird er spätestens bei der Aufstellung des Haushaltes 1998 riesige Probleme bekommen. Denn dann werden die Steuerausfälle 14,6 Milliarden Mark betragen, zuzüglich 8 Milliarden Mark Defizit wegen der geplanten Senkung des Solidaritätszuschlages. Dann wird er ganz klar mit 115 GG kollidieren. Als Finanzpolitiker kann ich nur sagen: Wir stehen am Abgrund.

Was würde denn ein grüner Finanzminister an diesem Abgrund bewegen?

Er würde einen Kassensturz machen, den Leuten sagen, was Sache ist. Weitere Einsparungen vornehmen, die allerdings sozial gerecht sein müssen. Die investiven Maßnahmen auf ihre Beschäftigungswirksamkeit abklopfen. Ein Eurofighter ist nicht so beschäftigungswirksam, daß er den enormen Mitteleinsatz rechtfertigen würde. Eine Einkommenssteuerreform machen, die aufkommensneutral ist. Keine Steuergeschenke an die Bevölkerung. In die ökologische Steuerreform einsteigen, die man nutzen muß zur Senkung der Lohnnebenkosten.

Aber um eine Steuererhöhung zur Deckung des Defizits kommen auch Sie nicht herum.

Wir würden auf jeden Fall den Solidaritätszuschlag nicht absenken. Zudem müßten wir zur Haushaltssanierung auch eine Erhöhung von Verbrauchssteuern erwägen. Auch eine rotgrüne Regierung müßte sich bei dieser Haushaltslage warm anziehen. Interview: Dieter Rulff

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