: Senator in Hitze
■ Nach Haus- und Sondermüll kommt nun auch der Klärschlamm in den Ofen – schade um den Wertstoff, findet die GAL
Hamburgs Umweltsenator Fritz Vahrenholt (SPD) heizt weiter ein. Nach Haus- und Sondermüll verbrennt er nun auch Klärschlamm. Gestern nahm er im Hafen einen 190 Millionen Mark teuren Ofen in Betrieb. Die CDU hätte sich die Anlage früher gewünscht. Die GAL dagegen hält diese Entsorgungsmethode für „Unsinn“.
75.000 Tonnen getrockneter Klärschlamm fallen jedes Jahr in Hamburgs Kläranlagen an. Bislang ging die stinkende Masse auf die Deponie Schönberg. Künftig wird sie verbrannt – zu 20.000 Tonnen Asche, 500 Tonnen Gips und 200 Tonnen hochgiftigem Schlamm. Asche und Gips werden von der Bauindustrie verarbeitet. Der mit Schwermetallen belastete Schlamm kommt auf eine Sondermülldeponie. Der Müllofen gilt als einer der modernsten weltweit. Durch verbesserte Verbrennungstechnik fallen keine Dioxine mehr an.
„Wir hätten uns diese Lösung zehn Jahre früher gewünscht“, sagte Roland Salchow, Umwelt-Sprecher der CDU. Schließlich sei dies die beste Alternative, gemessen an den früheren Verfahren – Verklappung in Elbe und Nordsee, später Transport nach Schönberg.
„Die Verbrennung des Klärschlamms ist Unsinn“, meint dagegen Antje Möller, Umwelt-Expertin der GAL-Fraktion. Der Klärschlamm enthalte Nährstoffe, die als Ersatz für Kunstdünger auf Feldern ausgebracht werden können. Dafür müßte allerdings die Schadstoffbelastung des Abwassers und damit des Schlammes gesenkt werden, etwa durch intensivere Kontrollen der gewerblichen Einleiter.
Eine weitere Möglichkeit zeigt das Zentrum für Energie, Wasser und Umwelt, eine Tochter der Hamburger Handwerkskammer. Das Zentrum hat Mini-Kläranlagen für zehn oder zwanzig Haushalte entwickelt. Der Vorteil: Kommt das Abwasser ausschließlich von Haushalten, ist es kaum mit Schwermetallen verseucht. Der Schlamm kann auf Feldern ausgebracht werden. In Hamburg könnten solche Kleinstanlagen beispielsweise in Finkenwerder eingesetzt werden, wo viele Häuser noch keinen Siel-Anschluß haben. Was aber nicht im Sinne des Umweltsenators wäre. Er will den Ofen auslasten. Die Anlage, kündigte er gestern an, habe noch „Kapazitäten für die Nachbarkreise und -länder“übrig. Achim Fischer
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