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Nachgefragt„Sechs oder so“

■ Henning Scherfs Antworten auf die Frage, warum er nicht zurücktritt

Wie oft Henning Scherf (SPD) schon zum Rücktritt aufgefordert worden ist, kann der jetzige Bürgermeister und Justizsenator „schon gar nicht mehr zählen“. Außerdem überlebte Scherf, der seit 19 Jahren im Senat sitzt, zwei Mißtrauensanträge, eine Mißbilligung und zwei Untersuchungsausschüsse. Auch nach dem Skandal um die Justizvollzugsanstalt Oslebshausen, in der Beamte Häftlinge mißhandelt haben und der Thema eines neuen Untersuchungsausschusses werden soll, denkt Scherf nicht daran zurückzutreten. Wir wollten wissen, warum er so gerne regiert.

Herr Scherf, die Opposition hat Ihnen vorgeworfen, Sie hätten als Senator ein Ressort nach dem anderen durcheinander gebracht. Fest steht, daß Sie der dienstälteste Senator sind. Welche Eigenschaften haben Sie eigentlich, die Sie dazu befähigen, so lange zu regieren?

Henning Scherf (ungehalten): Das ist keine journalistische Frage, sondern eine politische.

Antworten Sie trotzdem?

Nein.

Die Frage, warum Sie als Justizsenator trotz des Skandals nicht Ihren Hut nehmen, drängt sich aber auf.

Das ist hier kein politisches Streitgespräch.

Senatoren sind schon aus sehr viel weniger schwerwiegenden Gründen zurückgetreten. Sie bleiben. Warum?

(Pause. Scherf antwortet nicht.)

Wieviele Untersuchungsausschüsse haben Sie eigentlich schon überlebt?

Sechs oder so.

Und wie lange wollen Sie das noch aushalten?

Das werde ich Ihnen nicht verraten.

Warum glauben Sie, daß Sie Bremen regieren können oder müssen?

Sie müssen sich mal auf Ihre Rolle besinnen.

Journalisten haben unter anderem die Rolle, unangenehme Fragen zu stellen – zum Beispiel die, warum Sie nicht zurücktreten.

Das habe ich schon erklärt.

Was macht Sie so sicher, daß ausgerechnet Sie die Fähigkeit haben, Bremen weiter als Bürgermeister und Justizsenator mit zu regieren?

Das werde ich Ihnen nicht beantworten.

Können Sie die Frage nicht beantworten, oder wollen Sie sie nicht beantworten?

(Scherf schweigt und wendet sich ab.)

Fragen: Kerstin Schneider

Scherfs Regierungsämter auf einen Blick:

Finanzsenator (1978 bis 1979), Senator für Soziales (1979 bis 1991), Senator für Gesundheit und Sport (1987 bis 1991), Senator für Bildung und Wissenschaft (1991 bis 1995). Von 1985 bis 1991 repräsentierte Scherf als Bürgermeister und stellvertretender Präsident des Senats das Land Bremen. Höhepunkt seiner politischen Karriere erlebte er im Juni 1995 als zum Präsidenten des Senats aufstieg. Gleichzeitig übernahm Scherf das Ressort für kirchliche Angelegenheiten. Außerdem behielt er das Justizressort, das er seit 1995 leitet.

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