■ Standbild: Der Fernsehfriedhof
„Schattenspringer“, werktags, 15.35 Uhr, ZDF
Jetzt muß man sich schon vom ZDF verarschen lassen. Oder war das möglicherweise eine Persiflage auf die sprichwörtliche Gerontophilie des Senders? Da wird recht vollmundig ein neues, frisches Nachmittagsprogramm angekündigt, und dann landet man doch nur wieder in irgendeinem Geräteschuppen am Rande des Fernsehgartens, in dem es sich bereits die Rentnerband bequem gemacht hat und sich ihre gepflegte Langeweile vom ZDF- Moderator choreographieren läßt.
„Lebenslust statt Talkshowfrust“ will die neue Gesprächsrunde fortan bieten – viel positiver als Fliege und Meiser, die ihre Talkgäste ja doch nur zur Gaudi der Daheimgebliebenen psychisch ausweiden. In der Tat: „Schattenspringer“ ist anders. Denn während sich die Redaktionen andernorts immerhin dazu durchringen, potentielle Gäste auf deren Artikulationsfähigkeit zu testen, präsentierte Stefan Schulze-Hausmann als Einstandsgast ausgerechnet einen ehemaligen Strömungsphysiker, der früher Schmetterlinge im Windkanal beobachtete und mittlerweile behindertengerechte Sportwagen baut, damit andere Lädierte auch im hohen Alter noch mit 250 km/h und ohne Arme durch die Gegend düsen können.
Bei ihm selbst hingegen herrscht schon lange Stillstand. Völlig vernachlässigt vom Moderator verfranste er sich in einer Art Zeitlupenmonolog und gab Dönkes aus der Nachkriegszeit zum besten.
Die Ablöse benahm sich ähnlich daneben, dürfte uns Zuschauern aber das frühzeitige Aus dieser Talkshow beschert haben, wofür zu danken ist. Weil's wenig kostet und sie eh schon in einer Comedy-Serie des ZDF chargiert, saß nämlich urplötzlich Barbara Schöne auf der Bühne und erzählte mit versoffener Stimme, wie sie in einer Serie einmal mit einer Ente fuhr, die eigentlich eine Diane war.
Immerhin, Hut ab vor der Unverfrorenheit, mit der das ZDF zwei therapeutische Gespräche einfach Talkshow nennt und einen Mann, der anscheinend nicht nur einen extrabescheuerten Doppelnamen, sondern auch einen goldenen Ohrring für den Gipfel des Nonkonformismus hält, zum Moderator ernennt. Trotzdem, liebes ZDF: Spring auch du über deinen Schatten und zeig in Zukunft lieber ein paar Tim-und-Struppi-Filme mehr. Schon der Kinder wegen. Oliver Gehrs
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