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„Kein bedauerlicher Einzelfall“

■ Interview mit dem Fraktionsvorsitzenden von Bündnis 90/Grünen, Wolfgang Wieland

taz: Die Polizei hatte zunächst betont, daß keineswegs vermummte Polizisten unterwegs gewesen seien. Erst durch die Konfrontation mit den Aufnahmen wurde ein vermummter Beamter eingeräumt. Kommt noch mehr?

Wolfgang Wieland: Das ist leider die alte Melodie bei der Polizei, zunächst einmal zu sagen, daß nicht sein kann, was nicht sein darf. Das erleben wir immer, wenn es zu polizeilichen Übergriffen kommt, so auch in diesem Fall. Dann wird nur das eingeräumt, was eh schon fotografisch festgehalten wurde. Die Polizeiführung räumt im Grunde immer nur das ein, was man ihr nachweist.

Also doch kein Einzelfall?

Nein, daran glaube ich nicht.

Die Polizei sagt, daß vermummte Zivilkräfte sich nicht strafbar machten, weil sie vom Versammlungsgesetz ausgenommen seien ...

Das ist eine Interpretation, die meines Erachtens nicht zulässig ist. Sie gehen dorthin, um sich, wie Piestert gesagt hat, den Demonstrationsteilnehmern gegenüber „wie Kletten“ zu verhalten. Das heißt, sie nehmen auch an der Demonstration teil. Vermummung wurde zum Straftatbestand erklärt, und zwar gegen den Willen vieler in unserem Lande. Dies geschah 1989, zusammen mit der Einführung der Kronzeugenregelung und anderen Dingen. Nunmehr ist es strafbar, und nun muß sich natürlich auch die Polizei daran halten.

Was wollen Sie im Innenausschuß erreichen?

Wir wollen restlose Aufklärung: Es steht die Vermutung im Raum, daß weit mehr vermummte Polizisten an diesem Tag unterwegs waren. Dafür sprechen der Mitschnitt des Polizeifunks, der von taz und junger Welt veröffentlicht wurde. Es wäre doch eine bemerkenswerte Fehlleistung der Polizei, wenn sie nicht zwischen Vermummten und Nichtvermummten unterscheiden könnte. Auch stellen sich Fragen nach der Koordination der polizeilichen Einheitskräfte, wenn sie über einen so langen Zeitraum nicht merkt, daß die, die sie als vermummten Haufen ausgemacht hat, Kollegen sind. Die Polizei hat am 1. Mai an verschiedenen Stellen nicht rechtsmäßig agiert. Wir sollten auch die Fälle von Mißhandlungen und Festgenommenen im Kopf haben. Eine weitere spannende Frage: Nach dem „Abendschau“- Mitschnitt waren diese Zivilbeamten auch mit Schlagstöcken, möglicherweise sogar mit Tonfas ausgerüstet. Wenn sie nur zur Aufklärung da waren, brauchten sie das nicht. Eine professionell ausgeführte Festnahme kommt ohne Schlagstock aus.

Welche Konsequenzen fordern Sie?

Wir wollen jetzt wissen: Was hat die Polizeiführung angeordnet und vorgegeben? War es ein Alleingang einzelner Beamter, lag es in der Einsatzlogik, und entsprach es den Einsatzbefehlen? Letzterenfalls liegt politische Verantwortlichkeit vor. Dann werden wir entsprechende Konsequenzen fordern. Interview: Barbara Bollwahn

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