■ Kommentar
: Schuld nur auf Anfrage

Was ist der Unterschied zwischen einem militanten Autonomen und einem verdeckten Zivilbeamten? Es gibt keinen, könnte man bald auf den Fluren des Polizeipräsidiums hinter vorgehaltener Hand witzeln. Beide sind vermummt.

Noch vor einer Woche wies die Polizei jeglichen Vorwurf zurück, daß vermummte Zivilkräfte am 1. Mai mitgemischt hätten. Beamte der Gruppe „Aufklärung und Festnahme“ hätten ihren Dienst lediglich in „lageangepaßter ziviler Kleidung“ versehen, hieß es in einer ersten Stellungnahme. Noch vor zwei Tagen schloß der Landesschutzpolizeidirektor aus, daß verdeckte Ermittler im Einsatz waren. Am Mittwoch abend dann wurde die Luft knapp: In der SFB-„Abendschau“ mit Videoaufnahmen eines vermummten Zivilbeamten konfrontiert, mußte eben dieser Polizeidirektor zugeben, daß er den Einsatz von verdeckten Ermittlern nicht ausschließen könne. Die Polizei schoß zurück: Es sei nicht strafbar, wenn ein Polizeiobermeister aus Angst vor einer Wiedererkennung sein Gesicht mit einer „Motorradfahrerhaube weitgehend verdeckt“. Daß sie die vorschriftswidrige Vermummung erst mit dem Messer auf der Brust zugab, wird mit keinem Wort erwähnt. Weil es bei der Polizei nur dann Fehlverhalten zu geben scheint, wenn es Schwarz auf Weiß nachweisbar ist, ist allein deshalb an einem „bedauerlichen Einzelfall“ zu zweifeln. Barbara Bollwahn

Siehe auch Seite 22