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Lärm macht Streß...

■ Tempo 30 könnte den Lärmpegel in Städten halbieren, das belegt eine Studie des Verkehrsclubs Deutschland

„Risikoerhöhung für Herzinfarkt durch chronischen Lärmstreß“ – der Titel dieser Studie ist von der Machart, mit der Krankenkassen-Magazine gebetsmühlenartig vor einem erhöhten Cholesterinspiegel warnen. Weniger verklausuliert lesen sich die Ergebnisse: Dauerbelastung durch Lärmstreß oberhalb von 65 dB(A), entsprechend etwa dem Lärmpegel auf einer Hauptverkehrsstraße während der Tagesstunden, führt zu gesundheitlichen Schäden – bis hin zum tödlichen Herzinfarkt. Erstmals nachgewiesen ist, sagt Rainer Guski, daß berufstätige Männer, die an lauten Straßen wohnen, einem um 20 Prozent höheren Herzinfarktrisiko ausgesetzt seien als Anwohner leiser Straßen. Und noch eine Erkenntnis hat den Vorsitzenden des Deutsches Arbeitsrings für Lärmbekämpfung (DAL) geschockt: „Das lärmbedingte Infarktrisiko ist mittlerweile größer als die Krebssterblichkeit durch verkehrsbedingte Luftverschmutzung.“

Der Verkehrsclub Deutschland (VCD), der zusammen mit dem DAL die Resultate der Untersuchung präsentierte, nennt denn den Lärmstreß auch die am „meisten unterschätzte Umweltplage“. Dabei häufen sich die Zahlen, und zwar hochoffizielle, die auf die zunehmende Lärmbelastung hinweisen. So hat die Bundesregierung in ihrem Immissionsschutzbericht den Straßenverkehr eindeutig als Hauptlärmquelle ausgemacht. 70 Prozent der Bundesbürger fühlten sich davon belästigt, ein Drittel von ihnen empfinden diese Geräusche sogar als „besonders stark“ störend. Über Fluglärm klagen bundesweit 40 Prozent der Bevölkerung, über Schienenverkehr nur 20 Prozent. Für den VCD-Sprecher Burkhard Reinartz birgt die neue Untersuchung noch eine andere, soziale Brisanz: „In den meisten Städten haben sich entlang der großen Verkehrswege akustische Ghettos gebildet, wobei die Grenzen zwischen Laut und Leise zunehmend denen zwischen Arm und Reich entsprechen.“ Der gutsitutierte Zeitgenosse, mit seinem Häuschen vor den Toren der Stadt, schädige den Normalbürger in der Stadt mit seinen täglichen Autofahrten zwischen Wohnort und Arbeitsplatz.

Allein durch den Bau von Lärmschutzwänden wird der verkehrsbedingte Lärm-Terror nicht in den Griff zu bekommen sein. „Die Politik der technischen Lärmminderung hat in den vergangenen 20 Jahren nichts erreicht“, stellt DAL-Vorsitzender Guski ernüchternd fest. Lärmdämpfungen an den Fahrzeugen seien mit der kontinuierlichen Zunahme des Auto- und Lkw-Verkehrs erst gar nicht aufgetreten.

Der VCD plädiert deshalb dafür, den Fuß vom Gaspedal zu nehmen. Ein erster Schritt zur Reduzierung des Krachs seien flächendeckende Tempolimits auf den Autobahnen sowie die Einführung von generell Tempo 30 in der Stadt. Allein damit könnte der Lärmpegel um 3 dB(A) gesenkt werden, eine Größe, die das menschliche Ohr als Halbierung der geräuschvollen Belästigung wahrnimmt. Auch andere Maßnahmen wie beispielsweise ein Nachtfahrverbot für laute Lkw abseits von Autobahnen, die Schulung für lärmsenkendes Fahren als Teil der Fahrausbildung oder neue Grenzwerte für leisere Reifen kosteten den Bundesverkehrsminister keine müde Mark. Noch eine andere Konsequenz müsse die Bundesregierung aus dem Lärmgutachten ziehen, fordert Burkhard Reinartz: „Der beste Lärmschutz liegt in der Vermeidung überflüssigen Autoverkehrs und der schrittweisen Verlagerung auf umweltfreundliche Verkehrsmittel.“ Ralf Köpke

Kontakt: VCD, Eiffelstraße 2, 53119 Bonn, Tel. (0228) 98585-0

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