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Kein Dienst ohne Ersatz

■ Totalverweigerer zu sechs Monaten Gefängnis auf Bewährung verurteilt

Der Totalverweigerer Franko Wolenski wurde gestern vom Amtsgericht Hamburg wegen Dienstflucht zu sechs Monaten Gefängnis verurteilt. Richter Hübner setzte die Strafe zur Bewährung aus. Der Staatsanwalt hatte lediglich eine Geldstrafe von 2250 Mark – 150 Tagessätze a 15 Mark – gefordert.

Das Gericht attestierte dem konsequenten Wehr- und Zivildienstgegner in der mündlichen Urteilsbegründung zwar, eine Gewissensentscheidung getroffen zu haben. Die entbinde den 27jährigen jedoch nicht von der Pflicht, Ersatzdienst abzuleisten. Wolenski lehnte es in seiner Prozeßerklärung aber ab, Ersatz für einen Dienst zu leisten, in dem das Töten von Menschen gelehrt werde: „Jesus, Gandhi und Martin Luther King wurden ermordet, weil sie sich für Friedensideale eingesetzt haben. Und in Deutschland werden Kriegsdienstverweigerer heute noch unterdrückt und verfolgt.“

Um erst gar nicht in die Mühlen der Strafverfolgungsbehörden zu geraten, hatte der in der Behindertenbetreuung tätige Erzieher nach seiner erfolgreichen Kriegsdienstverweigerung im Dezember 1993 die Übernahme in ein freies Arbeitsverhältnis im sozialen Bereich beantragt. Der § 15a des Zivildienstgesetzes (ZDG) bietet anerkannten Kriegsdienstverweigerern diese Möglichkeit, den Zivildienst zu umgehen – wenn auch gegen diesen Dienst Gewissensnöte glaubhaft gemacht werden können.

Die aber mochte das zuständige Bundesamt für den Zivildienst (BAZ) dem Pazifisten – im Gegensatz zu der religiös begründeten Gewissensentscheidung der Zeugen Jehovas – nicht zubilligen.

Volker Stahl

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