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Saures Sahnestück im Sottrumer Eck

■ Aus für die Demeter-Molkerei in Sottrum: Zu klein, zu lange Wege, zu saure Sahne

Im Januar 1992 freute sich die taz: Ab Montag auch in Bremen: Bio-Milch aus der „Bäuerlichen Gemeinschaftsmolkerei Sottrum“. Heute muß es leider ein Nachruf sein. Der Zusammenschluß von 14 Demeter-Bauern der Ottersberger Region ist gescheitert, die alte Sottrumer Molkerei wird auf dem Immobilienmarkt angeboten.

Die Idee war sympathisch: Demeter-Bauern retten historische Molkerei (Baujahr 1889) und bieten regional erzeugte Milch und Sahne, hiesigen Quark und Käse an. Ein ambitioniertes Projekt, dessen Schwächen aber von vornherein klar waren: mangelndes Eigenkapital, mit dem man die Molkerei hätte modernisieren können; unschlagbar billige Biokonkurrenz aus Bayern; teures Einsammeln der Milch, weil die Höfe so verstreut liegen.

In der Bremer Bio-Szene hält sich die Trauer über den Verlust der einzigen regionalen Demeter-Molkerei in Grenzen. Im Bioladen Kraut und Rüben hört man von „Qualitätsproblemen“– Milch und Sahne hätten öfters nicht einmal das Mindesthaltbarkeitsdatum überstanden. Der häufige Personalwechsel in der Molkerei hätte genervt, Kundenbetreuung nicht stattgefunden. Der den Sottrumern sehr zugeneigte Bremer Biomilch-Großhandel MOP deutet geradezu ideologische Probleme an: Man wollte unbedingt traditionelle Produkte in den Handel bringen, etwa handgeschöpften klumpigen Schichtkäse. Doch der Kunde möchte eben lieber schön pastosen Quark. Und MOP-Betriebsleiter Firmenich fragt: „Ob das sinnvoll war, zwölf bis 15 verschiedene Käsesorten anzubieten?“Über die Qualität hätte man ohnehin streiten können. Die Konkurrenzprodukte aus Gronau und Bayern seien „billiger und preiswerter gewesen.“Trotzdem findet es auch Firmenich schade, daß es die Molkerei nicht mehr gibt: „Ihre Creme fraiche hatte was Spezielles!“

Das Aus kam mit der Anfang 1998 in Kraft getretenen EG-Hygieneverordnung. Sie hätte ganz erhebliche Investitionen in die Sottrumer Molkerei erfordert. Dieses Geld war – bei einem Jahresumsatz von zwei Millionen Mark – einfach nicht da. Jetzt geht es um Schadensbegrenzung: Das Molkereigebäude soll möglichst teuer verkauft werden. Der Molkereigeschäftsführer und Bauer Jan-Uwe Klee preist die Immobilie im Ottersberger Monatsblatt „Torfkurier“mit den Worten an, die einem ehemaligen Molkereichef zukommen: „Diese Ecke in Sottrum ist ein Sahnestück!“

BuS

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