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Diktatur der langen Bärte und kein Ende abzusehen?

■ betr.: „Muster-Mullah gegen Außenseiter“, taz vom 21.5. 97, „Kronzeuge widerruft seine Aus sage“, taz vom 20.5. 97, Iran-Berichterstattung

Wie hübsch: Im Iran wird ein neuer Präsident gewählt. Das ist natürlich eine ekelhafte, pseudodemokratische Posse, weiter nichts. Die in den letzten Wochen immer wieder thematisierten Beziehungen Deutschland–Iran erfordern eine unbedingte Orientierung. Gerade die deutsche Geschichte fordert von uns, klar und eindeutig Stellung zu Menschenrechtsverletzungen und totalitären Regimes zu beziehen. Taktische Überlegungen sind sicher ein notwendiger Kompromiß in Zeiten komplexer Systeme und verletzbarer Gleichgewichte in einer dicht bevölkerten und hochgerüsteten Welt. Es ist jedoch unverzichtbar, die Dinge beim Namen zu nennen und eine konsequente Haltung einzunehmen. Menschenverachtende Herrschaftssysteme müssen wissen, daß es klare Grenzen einer Beziehung gibt. Das wird schnell als moralischer Zeigefinger umgedeutet, der umgedreht wird, mit dem Hinweis auf die offensichtlichen Menschenrechtsverletzungen in Deutschland. Andererseits braucht (Außen-)Politik eine Moral, ein Wertsystem – welchen Sinn hätte sie sonst?

Was viel schwerer wiegt als die vorgeschobenen taktischen und diplomatischen Überlegungen, sind zweifelsohne wirtschaftliche Interessen. Das heißt nichts anderes als die Akzeptanz von Menschenrechtsverletzungen, die bis zum Mord gehen, solange in Deutschland Geld verdient wird. Eine Politik, die das trägt und verantwortet, läßt sich kaufen. Damit muß Schluß sein. Harry Tobinski, Kiel

[...] Das totalitäre Regime versucht nach dieser Niederlage seit Wochen die internationale Gemeinschaft sowie iranische Oppositionelle, die wegen Repression das Land verlassen mußten, in ein neues Spiel zu ziehen, sie zu attackieren bzw. zu diffamieren. Dieses Spielchen ist uns Iranern wohl bekannt, insbesondere nach jeder Verurteilung des Regimes – sei es auf der internationalen wie bei der UNO-Vollversammlung wegen permanenter Menschenrechtsverletzung oder beim Europaparlament sowie auf Justizebene eines demokratischen Staates – erwarten wir, daß die angeschlagene Teheraner Führung aus Verzweiflungsgründen mit der Phase der Diffamierung und Verleumdungen beginnt. Was die Ereignisse in bezug auf die Ermordung der iranischen Dissidenten in Deutschland anbelangt, erinnert man sich daran, wie es während der Berliner Prozesse verschiedene Kampagnen sowie Drohungen und Erpressungsversuche aus Teheran gab. Zuletzt gab es diese gegen die Bundesanwaltschaft und das Gericht, was sich später gegen die Bundesregierung und jetzt gegen die iranische Opposition richtet. [...] Uns Iranern steht ein Regime gegenüber, das weder dem Terror abschwört noch ein geringstes Zeichen erkennen läßt, daß es in der Lage wäre, die globalen Menschenrechte zu achten. Statt dessen beweist die Mullah-Führung mit Diffamierung und Drohungen, daß sie die Regeln für normalen Umgang mit Menschen bzw. zwischen Staaten nicht akzeptieren will. M. Harsini, Köln

In dem Artikel „Kronzeuge widerruft seine Aussage“ hat die taz Auszüge eines Briefes abgedruckt, der nur von der Botschaft und dem Geheimdienstministerium des Mullah-Regimes in Bonn diktiert worden sein kann.

Gemäß der taz hat der Autor „das iranische Regime entlastet und die Opposition, die Volksmudschaheddin, beschuldigt“. Anstatt eine Antwort zu geben auf das durch seine Regierung vergossene Blut Hunderttausender Mudschaheddin, hat der Autor die Unverschämtheit zu behaupten, daß die Mudschaheddin „verantwortlich sind für den Terroranschlag in Berlin“. Diese Behauptungen sind identisch mit den Verleumdungen der Mullahs, die mit schamlosen Behauptungen versucht hatten, die Terroranschläge auf Vertreter des Nationalen Widerstandsrates Iran in der Schweiz [...] den Mudschaheddin anzuhängen.

Die Volksmudschaheddin Iran betonen noch einmal mit Nachdruck, daß der einzige Weg, diesem Mullah-Regime zu begegnen, in der Anwendung einer entschlossenen Haltung und dem Abbruch aller diplomatischen und wirtschaftlichen Beziehungen mit dieser religiösen und terroristischen Diktatur liegt. Pressebüro der Volksmudschaheddin Iran, Köln

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