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Millionenrechnung doppelt bezahlt

■ Rechnungshof kritisiert Bauamt Schöneberg, weil es 1,1 Millionen Mark zweimal überwies: Behörde sei "erkennbar überfordert". Chaos lasse Kosten explodieren. CDU-Baustadtrat Lawrentz gibt sich gelassen

Seit der Rechnungshof in der vergangenen Woche seinen jährlichen Bericht vorgelegt hat, ist es amtlich: Das bezirkliche Hochbauamt hat die Übersicht über sein größtes Bauvorhaben verloren, die Sporthalle mit Kita am Winterfeldtplatz. Erst jüngst wurde entdeckt, daß dem Bauunternehmen Strabag 1,1 Millionen Mark zuviel überwiesen wurden. Das Unternehmen errichtete den Rohbau für die Sporthalle mit Kindertagesstätte am Winterfeldtplatz.

Eine Abschlagszahlung in dieser Höhe vermerkten die Baubeamten 1994 nicht ordnungsgemäß in den Akten – und bezahlten den Betrag rund ein Jahr später noch einmal. Im Hochbauamt bemüht man sich um Schadenbegrenzung. Die Summe soll jetzt mit noch offenen Forderungen der Strabag verrechnet werden. Das ist jedoch sehr kompliziert. Baustadtrat Gerhard Lawrentz (CDU) berichtete, daß bis heute im Bezirksamt nicht klar sei, wieviel der Strabag für ihre erbrachten Leistungen überhaupt zustehe. Die Überzahlung könne erst verrechnet werden, wenn die Rechnungssumme feststehe. Nach Angaben von Lawrentz handelt es sich dabei um rund 1,4 Millionen Mark.

„Bisher hat uns noch niemand auf dieses Problem angesprochen“, erklärt der Leiter der Strabag-Niederlassung Berlin, Helmut Buczko. Nach der Rohbauabnahme vor zwei Jahren sei für ihn das Thema erledigt gewesen. Die erhaltenen 13,5 Millionen Mark, die das Bezirksamt als Abschlagszahlungen wertet, seien entsprechend der „Verdingungsordnung für Bauleistungen“ endverhandelt und abgerechnet. Nachforderungen seien daher ausgeschlossen. Im Hochbauamt bleibt man gelassen. Die Landeshaushaltsordnung schreibe vor, daß Überzahlungen verzinst zurückzuzahlen seien. „Dem Land entsteht kein Schaden“, versicherte Baustadtrat Lawrentz, der zugleich Generalsekretär der Berliner CDU ist.

1989 wurde mit dem Umbau der Spreewaldschule begonnen, drei Jahre später mit dem Bau der Sporthalle mit integrierter Kita. Alles zusammen hätte 38,42 Millionen Mark kosten sollen. Doch schnell war klar, daß diese Summe bei weitem nicht ausreichen würde. Im Januar 1994 genehmigte die Bauverwaltung eine zweite Rechnung über 50,26 Millionen – eine Steigerung um ein Drittel.

Das Bezirksamt habe „seine Aufgaben bei der Vorbereitung und Durchführung der Baumaßnahme grob vernachlässigt“, lautet nun das vernichtende Urteil des Rechnungshofes. Die Prüfer stellten beispielsweise fest, daß für die Ausführungsplanung des Architekten keine Fristen und Termine vereinbart waren.

Der Rechnungshof mußte das Hochbauamt auch auf scheinbar profane Dinge hinweisen: Während mehrjähriger Bauvorhaben muß „mindestens jährlich“ untersucht werden, „ob die Zwischenergebnisse im Rahmen der Planung liegen“. Das geschah bei einem Vorhaben an der Pallasstraße erstmalig sieben Jahre nach Baubeginn im Oktober vergangenen Jahres. Verheerendes Ergebnis: Die 50 Millionen Mark waren schon ausgegeben oder verplant. Nach damaligem Stand waren für die Fertigstellung der Sporthalle fünf Millionen Mark notwendig, heute ist von acht Millionen die Rede.

Das Bezirksamt beantragt derzeit wieder Geld bei der Bauverwaltung. Dort wundert sich der zuständige Mitarbeiter Michael Neuwirth darüber, daß ihm bis jetzt noch keine vollständigen Unterlagen vorliegen. „Normalerweise müßte ein Bauleiter jederzeit einen Kostenüberblick haben.“ Ausnahmsweise wurden Teile der Unterlagen geprüft – nachdem der christdemokratische Stadtrat Lawrentz bei seinem Parteifreund und Staatssekretär Arndt interveniert hatte. Im März konnten 1,83 Millionen Mark als Mehrkosten anerkannt werden. Damit wird jetzt der Innenausbau bestritten. Britta Haag

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