: Ein Sieg für ganz Europa
■ In Frankreich verliert die Rechte in den Stichwahlen
Der Erfolg von Rot-Rosa-Grün in Frankreich, mit der PS als stärkster Partei, ist ein Sieg für die europäische Sozialdemokratie. Jetzt bleiben nur Deutschland und Spanien als letzte Länder der Union mit rein konservativen Regierungen übrig. Das eindeutig proeuropäische Programm der französischen PS mit sozialpolitischen Nuancen gegenüber der Einheitswährung wird auch ihren Partnern in der SPD den Rücken stärken. Auf Nachverhandlungen bei den Konvergenzkriterien hoffen längst auch die skandinavischen Länder, Österreich und Irland. Der linke Erfolg in Frankreich ist zugleich ein Wahlsieg des Politischen über das Primat der Wirtschaft. Die Franzosen haben im ersten Wahlgang gezeigt und im zweiten gestern bestätigt, daß sie nicht mit der Logik einverstanden sind, die immer stärker die Märkte die Probleme des Landes regeln läßt. Liberalisierung und Globalisierung machen ihnen angst. Die linken Parteien haben diese Stimmung richtig eingeschätzt.
Der Wahlsieg ist auch ein Erfolg für die neue Bündnispolitik der französischen Sozialisten, die ihre Fühler zu Grünen und Kommunisten ausgestreckt haben. Die Allianz mit den Grünen hat erstmals Öko-Kandidaten den Weg ins Parlament geöffnet, und das Programm der Sozialisten um antinukleare Vorhaben wie das Abschalten des schnellen Brüters und der Wiederaufbereitungsanlage erweitert. Die gemeinsame Erklärung mit den Kommunisten hat ihnen soziale Glaubwürdigkeit bei vielen abgedrifteten Wählern verschafft. Wenn die Mitglieder der Juniorpartner einer Regierungsbeteiligung zustimmen – was vor allem bei den Kommunisten noch fraglich ist –, wird damit die künftige Regierung auf einer breiten Basis stehen.
Der Wahlsieg der Linken, zu einem Zeitpunkt, da sie nicht auf Wahlkampf und schon gar nicht auf Regieren vorbereitet waren, ist aber vor allem eine Niederlage der Konservativen. Und an vorderster Stelle von Präsident Jacques Chirac selbst, der das Parlament ohne Not aufgelöst hat, um seine Mehrheit bestätigen zu lassen. Euphorie wird bei den Linken aber nicht aufkommen. Dazu sind sie zu schwach, zu gespalten, zu stark mit einer konservativen Mehrheit in fast allen anderen gewählten Gremien konfrontiert. Und dazu ist die Krise, mit der Rot-Rosa-Grün nun konfrontiert wird, zu tief. Dorothea Hahn
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen