: Verschnaufpause für Klaus
■ Drei neue Minister im Prager Kabinett
Prag (taz) – Der tschechische Staatspräsident Václav Havel hat gestern in Prag drei neue Minister ernannt. Zuständig für Industrie und Handel wird künftig Karel Kühnl sein. Zum neuen Finanzminister wurde Ivan Pilip ernannt. Das Ressort Bildung wird der ehemalige Botschafter Tschechiens in Deutschland, Jiři Grusa, übernehmen. Damit hat die bisher schwerste Regierungskrise im einstigen Musterland Tschechien ihr vorläufiges Ende gefunden. Bleibt nur die Frage, für wie lange.
Denn die Probleme, denen das Kabinett Klaus gegenübersteht, scheinen unüberwindbar: Versäumnisse bei der Privatisierung und im Rechtssektor rächen sich, Wirtschaftskriminalität und Korruption haben bedrohliche Ausmaße angenommen. Dazu kommen ein wachsendes Außenhandelsdefizit, die mangelnde Arbeitsproduktivität und die kürzliche Abwertung der Krone.
Angesichts der schlechten wirtschaftlichen Lage hatten die meisten Tschechen eine radikale Änderung des Kabinetts und seiner Politik erwartet. Das am letzten Mittwoch verabschiedete „Programm zur Stabilisierung der Wirtschaft“ beinhaltet zwar die Niederlage der von Klaus so gepriesenen „Politik der Marktwirtschaft ohne Adjektive“, offen werden alle Fehler und Versäumnisse der Regierung zugegeben und Besserung versprochen, doch die personellen Konsequenzen fielen gering aus.
„Zuwenig“, meinen die Tschechen denn auch. Laut einer gestern veröffentlichten Umfrage wollen 46,3 Prozent alle Köpfe rollen sehen. Vor zwei Wochen, zu Beginn der großen Regierungskrise, forderten nur 15 Prozent den Rücktritt des gesamten Kabinetts. Auch ein für Klaus ungewohnt emotioneller Appell, in dem er am Freitag versprach, nicht aufzugeben, ändert nichts an der Tatsache, daß knapp zwei Drittel der Tschechen (58 Prozent) der Regierung Klaus nicht zutrauen, das Land aus der Krise zu führen. Rund einen Monat hat Klaus nun die Chance, erste positive Ergebnisse seines Sanierungsprogrammes vorzulegen. Dann wollen die Sozialdemokraten im Parlament die Vertrauensfrage stellen. Katrin Bock
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