Feindliche Übernahmen sind einfach zu teuer

■ Deutsche Banken wollen weltweit mitspielen. Die Branchenriesen könnten zwar fusionieren, werden sich aber erst einmal auf engere Zusammenarbeit beschränken

Ein wahres Börsenfieber löste im Juli 1996 eine lapidare Mitteilung der Deutschen Bank aus. Sie habe mehr als fünf Prozent der Aktien der Bayerischen Vereinsbank gekauft. Sofort stiegen die Kurse der Vereinsbank, weil auf eine heimliche Übernahme durch den Branchenriesen spekuliert wurde. Auch die Anteile von Commerzbank und Bayerischer Hypotheken- und Wechselbank steigerten als mögliche Fusionskandidaten ihren Wert in wenigen Wochen bis zu einem Drittel.

„Die Börsenhändler haben die Fantasien von Aufkäufen dankbar aufgenommen“, erklärt Natalie Grasegger, Analystin bei der Vereinsbank. Vor allem in den Vereinigten Staaten hatten immer wieder spektakuläre Bankenzusammenschlüsse für Euphorie an der Börse gesorgt.

In Deutschland jedoch sind inzwischen feindliche Übernahmen bei Geldhäusern praktisch ausgeschlossen – sie sind zu teuer. Bei den privaten Banken stehen die Deutsche, Dresdner und Commerzbank an der Spitze. In gewissem Abstand folgen die beiden Bayerischen, die Vereinsbank und die Hypo. Doch schon eine Sperrminorität von 25 Prozent oder gar die Mehrheit an einem der beiden Münchner Institute würde einige zehn Milliarden Mark kosten: Die Kurse der Banken sind innerhalb eines Jahres noch stärker gestiegen als der sowieso schon boomende Aktienindex Dax. Die Ausgaben für einen Bankenkauf sind bei solchen Summen kaum durch Rationalisierungen wieder hereinzuholen.

Bliebe die Fusion durch einen Aktientausch. Bankfilialen könnten eingespart werden, Personal entlassen und so die im internationalen Vergleich eher mäßigen Gewinnmargen der Deutschen Großbanken erhöht werden. „Große Fusionen sind auf diesem Sektor aber schwierig“, gibt Analystin Grasegger zu bedenken. Es würde jeweils eine der größten europäischen Banken entstehen. Teure Reibungsverluste im Management sind wahrscheinlich. Personal könnte nach dem deutschen Kündigungsrecht nur langsam oder mit teuren Abfindungen entlassen werden. Auch die technische Schwierigkeiten wie die Angleichung der verschiedenen Datenverarbeitungssysteme kosten erst einmal viel Geld.

„Die Deutschen werden wohl klein anfangen, zum Beispiel mit einer Kooperation bei den Wertpapiergeschäften“, schätzt Grasegger. Das würde auch besser zur Mentalität hiesiger Banker passen.

Ein weiterer Pluspunkt für Fusionen zum Beispiel in Frankreich oder bei regionalen Banken in den USA ist eine dadurch entstehende starke Stellung auf dem Markt. Die großen deutschen Privatbanken sind zwar auch nach europäischem oder US-Maßstab groß, aber sie haben einen relativ kleinen Marktanteil: die drei größten deutschen Banken verwalten laut dem Bundesverband der Deutschen Banken 13 Prozent des Inlandsgeschäfts auf ihren Konten. In Großbritannien liegt diese Zahl bei 21, in Frankreich bei 25 und in der Schweiz gar bei 59 Prozent. Selbst bei einer Großfusion wäre ein neuer Bankenriese in Deutschland lokal immer noch mit wichtigen Konkurrenten wie zum Beispiel den Sparkassen oder den Landesbanken konfrontiert.

Die Begierde nach Größe kommt denn auch nicht so sehr vom deutschen Kreditmarkt, sondern vom Geschäft an den Börsen der ganzen Welt. Hier sind die Gewinnmargen hoch, der Aktienhandel boomt und soll in den nächsten Jahren in immer neuen Weltgegenden weiter angekurbelt werden. Die USA geben auch hier das Beispiel. 1996 kassierten die Investmentbanken an der Wall Street in New York allein mit den Neuemissionen von Aktien – geschweige denn mit dem Handel – Gebühren in Höhe von 9,2 Milliarden Dollar. Unternehmensfusionen erreichten im letzten Jahr in den USA das schwindelerregende Volumen von 660 Milliarden Dollar. Und auch dort werden satte Gebühren fällig.

Doch gleichzeitig verschärfen die US-Amerikaner mit ständig neuen Geschäftsideen und Börsenkonstrukten den Konkurrenzdruck. Die europäischen Banken hecheln meist hinterher, müssen teure Spezialisten abwerben oder über günstigere Angebote wieder Marktanteile zurückgewinnen. Dieser Druck räumt dann den Weg frei für eine engere Zusammenarbeit zwischen großen deutschen Banken. Reiner Metzger