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Mehr Arbeitslose kaufen weniger ein

■ Die Wirtschaft wächst um 1,4 Prozent. Exporte zogen an, im Land sinkt das BIP

Berlin/Wiesbaden (taz/dpa) – Die deutsche Konjunktur stottert auch in diesem Jahr. Das Bruttoinlandprodukt (BIP) ist im ersten Quartal 1997 nur um 1,4 Prozent gewachsen. Die Rechner des Statistischen Bundesamts in Wiesbaden vergleichen diese Zahl mit der desselben Zeitraums 1996.

Im Verhältnis zum letzten Quartal 1996 ist das BIP bereinigt jedoch nur um 0,5 Prozent gewachsen. In den letzten drei Monaten des vergangenen Jahres hatte die Konjunktur mit einem Nullwachstum stagniert.

Ob 1,4 Prozent oder bereinigte 0,5 Prozent – für einen deutlichen Aufschwung sind beide Werte zu niedrig. Außerdem liegen sie deutlich unter der von Wirtschaftminister Günter Rexrodt im Jahreswirtschaftsbericht ausgegebenen Parole von 2,5 Prozent Wachstum in diesem Jahr. Das BIP wäre stärker angestiegen, wenn nicht im ersten Quartal drei Feiertage gelegen hätten, teilte die Bundesbank mit, die das BIP gestern veröffentlichte.

Diese drei Tage würden immerhin fünf Prozent der 60 Arbeitstage im Quartal ausmachen. In der Zeit hätten Arbeiter in Deutschland das BIP um einen Prozentpunkt steigern können, wenn sie nicht ihre Freizeit gestaltet hätten. „Unglaubwürdig und fragwürdig“, nannte diese Rechnerei eine Statistikerin des Bundesamtes.

Als einziger Antrieb der deutschen Konjunktur erwies sich wieder der Export. Zwischen Januar und März wurden real 6,8 Prozent mehr exportiert. Die Einfuhr wuchs nur um 3,9 Prozent. Der Verbrauch der privaten Haushalte sank dagegen im Vergleich zum Vorjahr um 0,1 Prozent, nachdem der Konsum 1996 immerhin noch geringfügig zugelegt hatte. Wenig Impulse erhielt die Konjunktur auch von den Unternehmen. Die Investitionen in Maschinen und Anlagen – wichtiges Zugpferd für die Konjunktur – stiegen um 2,2 und die Bauinvestitionen um 2,3 Prozent. Der Staatsverbrauch kletterte deutlich um 3,7 Prozent, vor allem wegen höherer Ausgaben für die Pflegeversicherung und für die Rüstung. Die Inlandsnachfrage legte damit nur um real 0,6 Prozent zu.

Wenig Hoffnungen signalisieren die Konjunkturdaten für die Rekordzahl von mehr als 4,2 Millionen Arbeitslosen im Mai. Die gesamtwirtschaftliche Arbeitsproduktivität pro Kopf erhöhte sich in Deutschland um 2,9 Prozent. Damit gab es trotz Wachstum im ersten Quartal 528.000 weniger Arbeitsplätze als ein Jahr zuvor. 161.000 der gestrichenen Arbeitsplätze entfallen auf Ostdeutschland.

Deutlich unterdurchschnittlich legte das BIP auf dem Gebiet der früheren Bundesrepublik zu. Dort nahm die Wirtschaftsleistung im Vergleich zum Vorjahr um 1,2 Prozent zu, nach 1,8 Prozent im Schlußquartal 1996. In Ostdeutschland betrug das BIP- Wachstum wie im letzten Vierteljahr 1996 rund 2,8 Prozent. ufo

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