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Fehlt nur noch der Müll

■ Großer Sonderabfall-Ofen in Betrieb – Hamburg buhlt um fremden Dreck

Die Sondermüllverbrennungsanlage der Abfallverwertungsgesellschaft (AVG) ist seit gestern wieder in Betrieb. Sie wurde für 365 Millionen Mark von Grund auf saniert. Jetzt fehlt nur noch Müll. Trotz Gift-Importen aus Niedersachsen und Baden-Württemberg ist die Anlage nicht ausgelastet.

Der bisherige Sondermüllofen aus dem Jahr 1972 konnte die jüngst verschärften Umweltbestimmungen nicht mehr einhalten. Mit der neuen Anlage entstand nach Angaben der Betreiber Deutschlands modernster Giftofen. Gegenüber der Altanlage wird etwa der Ausstoß von Quecksilber um 68 Prozent reduziert, der Ausstoß von Dioxinen und Furanen um 92 Prozent.

Fast alle Verbrennungsrückstände können wiederverwendet werden, unter anderem fallen Gips, Salzsäure und Kupfer an. Die Schlacke darf als Baumaterial eingesetzt werden. Etwa zwei Prozent der Ausgangsmenge bleiben als hochgiftiger Rest und kommen auf Sondermülldeponien.

900 Mark pro Tonne Abfall brauchen die Betreiber, um ihre Kosten zu decken, erklärt Dieter Haas von der AVG. Diesen Preis will – und muß – kaum einer zahlen. Die norddeutschen Länder haben in den vergangenen Jahren mit Milliarden-Aufwand riesige Verbrennungs- und Deponiekapazitäten geschaffen. Gleichzeitig schrumpfte die Abfallmenge. Die Folge: Die Entsorgungspreise gingen in den Keller. Vor allem abgeschriebene, technisch rückständige Altanlagen konnten ihre Preise senken, teilweise auf 400 Mark. Außerdem können viele Verursacher ihren Dreck als „Sekundärrohstoff“in Zementwerken oder Hochöfen „thermisch verwerten“. Sprich: billig verfeuern.

110.000 Tonnen kann die Anlage der AVG pro Jahr verarbeiten. Aus Hamburg kommen weniger als 30.000 Tonnen – gerade mal ein Viertel der Kapazität. Umweltsenator Vahrenholt hat deshalb einen Pakt mit Niedersachsen und Baden-Württemberg geschlossen. Beide Länder zusammen bringen 40.000 bis 50.000 Tonnnen giftigen Nachschub. Das reicht für eine volle Auslastung aber immer noch nicht. Achim Fischer

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