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Kein Klo, kein Tanz

■ Berliner Politiker verweigern Love Parade den Tiergarten. Sie haben UmweltschützerInnen und Eltern an ihrer Seite

Berlin (taz) – Den RaverInnen der Welt bläst märkischer Sand ins Gesicht. Nach dem Naturschutzbund BUND und den Berliner Fraktionen der Bündnisgrünen sowie der PDS möchte jetzt auch der Baustadtrat von Tiergarten, Horst Porath (SPD), die „Love Parade 1997“ austrocknen.

Porath, durch dessen Bezirk das Mega-Techno-Event am 12. Juli stampfen soll, lehnte am Wochenende „sämtliche Anträge“ des Veranstalters planetcom GmbH ab, während der heißen Sommerparty „Kühllastwagen zum Verkauf von Getränken und Speisen entlang der geplanten Route Straße des 17. Juni aufzustellen“.

Zugleich verbot der Baustadtrat die Nutzung der Flächen auch auf den Zufahrtsstraßen zum Tiergarten. Stände zum privaten Verkauf seinen dort tabu, sagte Anti- Raver-Porath. Er begründete sein Vorgehen damit, die Organisatoren des Spektakels hätten mit dem Kühlantrag bewiesen, daß die Love Parade 1997 doch eine „überwiegend kommerzielle Veranstaltung“ sei. Der Marsch der 750.000 Techno-LiebhaberInnen durch die grüne Lunge der Stadt bilde somit „nicht mehr den Charakter einer Demonstration“. Porath: „Ich werde keine Aktivitäten erlauben, bei denen sich Geschäftemacher auf Kosten der Allgemeinheit die Taschen füllen.“ Der Tiergarten sei nicht zum „Geldverdienen, sondern zur Erholung der Berliner da“.

Ralf Regitz, Chef von planetcom, vermutet hinter der Initiative gegen die Getränkestände eine weitere Attacke, die ungeliebte Love-Parade-Route durch den Tiergarten endgültig trockenzulegen. Poraths Verhalten sei „unverständlich und umweltschädlich“, sagte Regitz. Dem Baustadtrat sei bereits im Mai ein Ver- und Entsorgungskonzept für die Love Parade vorgelegt worden.

So sollten mobile Toilettenhäuschen aufgestellt und die Reinigung des Tiergartens von Müll vertraglich festgelegt werden, sagte Regitz. Außerdem werde der Bezirk vom Berliner Senat mit 250.000 Mark unterstützt, um anschließend die Flurschäden im Tiergarten zu beseitigen. Poraths Argument, die Love Parade sei „keine im wesentlichen ideelle Veranstaltung mehr“, sei vorgeschoben. Die Kommerzkampagne ziele auf die Vertreibung der Love Parade aus dem Tiergarten.

Der Streit um die Route hat damit den Nullpunkt erreicht. Love- Guru Dr. Motte und seine Parade- Macher beharren auf der „Welle“ über den 17. Juni und auf dem politischen Charkter der Raver-Demo. Diese würde ihnen garantieren, durch den denkmalgeschützen Tiergarten zu ziehen.

Der BUND und ein Anwohner haben dagegen eine einstweilige Verfügung vor dem Verwaltungsgericht beantragt und eine Ersatzroute gefordert. Die hämmernd laute Technoparty sei gesundheitsschädlich und kommerziell, so der Anwalt des Anwohners, der die Zukunft seines Kleinkinds gefährdet sieht.

Zugleich hätten die Partyfans in den vergangenen Jahren Tonnen von Müll auf den Grünflächen abgeladen, kritisiert der BUND. Die Love-Parader würden den Tiergarten auf Jahre schädigen und irreparable Eingriffe in der Natur hinterlassen. Sollte die Parade den Status als politische Demonstration aberkannt bekommen, sieht es auch für Ausweichrouten schlecht aus. Das Spektakel könnte dann ausfallen. Rolf Lautenschläger

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