: Mit dem Fahrrad auf Crashkurs
■ Stiftung Warentest kritisiert Bremer Fahrradnetz/ ADFC und Behörde streiten sich / „Vom Rütteln und Schütteln bekommt man einen wunden Hintern“
ignung für zügiges Fahren“: mangelhaft. „Leitsysteme“: stellenweise mangelhaft. So beurteilt Stiftung Warentest das Bremer Radwegenetz in der aktuellen Ausgabe ihrer Zeitschrift „Test“.
Zwar werden auch positive Ansätze hervorgehoben, wie sicheres Parken von Rädern und innovative Planung, trotzdem landet Bremen in der abschließenden Bewertung im Mittelfeld: zufriedenstellend. Basel, Freiburg und Münster führen als gelobte „fahrradfreundliche Städte“die Liste an.
Während der ADFC die Kritik der Stiftung Warentest am Bremer Radnetz ausdrücklich begrüßt, hält Hartmut Spiesecke, Pressesprecher des Senators für Bau, Verkehr und Stadtentwicklung die schlechte Beurteilung für oberflächlich und überzogen.
Getestet wurden unter anderem die Vernetzung der Radwege, ihre Ausschilderung, die Öberflächenbeschaffenheit und die Sicherheit. Die stichprobenartige Untersuchung sollte die Frage beantworten, welche Wertigkeit dem Radverkehr in der Verkehrsplanung eingeräumt wird. Wolfgang Reiche vom ADFC: „Wir haben vor über fünf Jahren einen Plan für ein Fahrradroutennetz vorgelegt, der Senat hat es angenommen, aber es ist nur wenig passiert.“
„Blödsinn,“kontert Hartmut Spiesecke, „dieser Senat hat '96/97 zwei Finanzposten für das Radwegenetz freigestellt.“Wilhelm Hamburger, Referent für integrative Verkehrsplanung, fügt hinzu: „Der Entwurf des ADFC war unausgereift und verbesserungswürdig. Aus unserem Hause liegt eine Überarbeitung vor, die wir mit dem ADFC in einer gemeinsamen Arbeitsgruppe diskutieren. Ich verstehe die Aufregung gar nicht. Wir müssen uns nicht jedem Konflikt, den der ADFC provoziert, stellen“
Der ADFC kritisiert, daß die ausgewiesenen 720 km Bremer Radwege in Wirklichkeit nicht in dieser Länge existieren. „Die stehen nur auf dem Papier,“so Reiche. Besonders ärgerlich sei der Oberflächenbelag vieler Wege. „Vom Rütteln und Schütteln bekommt man einen wunden Hintern aber keine Lust aufs Radfahren,“meint der Radler vom ADFC.
Weiter werden fehlende Leitsysteme beklagt. Das eigentliche Ziel des Entwurfes für ein Radnetz sei es gewesen, aus entfernteren Stadtteilen zügig, sicher und bequem in die Stadt zu kommen. Außerdem dürften die „schwachen Partner Fußgänger und Radfahrer“nicht vom Autoverkehr verdrängt werden.
Wilhelm Hamburger von der Behörde wirft dem ADFC vor, mit seinen Quell - Ziel Vorschlägen Menschen in die Irre geleitet zu haben. „Eine Quelle ist der Ort an dem es viele Menschen gibt, die mit dem Rad fahren wollen. Ein Ziel kann der Arbeitsplatz sein, eine Schule oder das Nebenzentrum eines entfernteren Stadtteils. Wenn einer in ein Nebenzentrum fahren will, kann ich ihn nicht in eine Kleingartenanlage am Rande des Stadtteils schicken.“
Während Stiftung Warentest die Beläge auf Bremer Radwegen noch als zufriedenstellend bezeichnet, moniert der ADFC zum Beispiel in der Bismarckstraße schadhafte Stellen, Schlaglöcher oder wechselnde Oberflächenmaterialien. Wer zum Beispiel von Arsten zur Bremer Innenstadt radeln möchte, könne sich leicht im Gewirr der Vorstadtstraßen verheddern. Angenehm wäre eine bequeme, ausreichend beschilderte Route am Deich oder entlang der Weser.
Wilhelm Hamburger von der Planungsbehörde hält dagegen: „Wir haben mit der Innenstadtroute vom Kennedyplatz nach Gröpelingen / Osterholz einen Radweg entwickelt, der eine komplizierte Verkehrslage gleichwertig für Radfahrfer, Fußgänger und Autofahrer auflöst.“Den Ärger des ADFC versteht der Stadtplaner um so weniger, als die Stiftung Warentest den Bremer Radwegen innovativen Charakter bescheinigt. „Außerdem haben wir in Walle doch Ideen des ADFC umgesetzt.“
Ein weiterer Streitpunkt ist der Bahnhofsvorplatz. Positiv bewertet der ADFC das Entfernen der „Felgenkiller Abstellständer“und das neue Fahrradparkhaus. Doch seien beide Abstellmöglichkeiten zuwenig. „Oft sind alle Plätze belegt,“sagt Wolfgang Reiche. Direkt vor dem Bahnhof würden zudem die Räder häufig demoliert. Wer morgens sein Rad dort abstelle, fände abends oft nur noch zur „acht“verformte Felgen vor.
„Der Bahnhofsvorplatz ist Planungsgebiet,“hält Hamburger dagegen. Nachdem dem letzten Senat der Investor für den Bahnhofsbereich abgesprungen ist, müsse dem Senat eine neue Rahmenplanung vorgelegt werden.
„Das dauert eben“so Hamburger. „Als kurzfristige Lösung für Radparker werden wir den Verbindungsbau der Güterexpresshalle neben dem Bahnbhof als Unterstellmöglichkeit zur Verfügung stellen.“ schuh
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