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Wo die wilden Weiber tanzen

■ Die „Urban Bush Women“eröffneten das Festival der Frauen auf Kampnagel - leider etwas zahm

Schon vor der künstlerischen Eröffnung der 7. Hammoniale gab es Riesenapplaus: Festivalleiterin Isabella Vertés-Schütter hatte zur Eröffnungsansprache alle MitarbeiterInnen auf die Bühne geholt. Kultursenatorin Christina Weiss bedankte sich mit sichtbarer Anerkennung beim erschöpft, aber glücklich wirkenden Team und beendete ihre Begrüßung lächelnd: „Bei der 50. Hammoniale im Jahr 2036 werden wir stolz sein, daß noch ein paar Männer auf der Bühne stehen.“

Ihre Zukunftsvision einer weiblich dominierten Welt hat wenig mit dem Ist-Zustand zu tun, und eben daraus bezieht das Festival der Frauen seine Legitimation. Hatte gerade wieder das Filmfestival in Cannes bewiesen, daß auch das Kunstuniversum a mans world ist, möchte die Hammoniale in den nächsten zwei Wochen den weiblichen Blick auf die Welt ins Blickfeld rücken.

Self Portrait war dementsprechend ein verheißungsvoller Titel für die Eröffnungs-Choreographie am Mittwoch abend. Die Urban Bush Women aus New York stellten sie mit zwei anderen Tanzstücken erstmals in Deutschland vor. „Where are we? Who is Urban Bush Women?“Der Stimme aus dem Off geben sieben afro-amerikanische Tänzerinnen auf der Bühne Antwort. Eine Probensituation wird vorgestellt: Die Choreographin macht Vorgaben, die Frauen tanzen, singen, heulen – und werden unterbrochen. Nein, so nicht. Noch einmal. Dann eine andere Vorgabe. Die Tänzerinnen singen, rappen, springen, kreiseln und schießen wie Raubkatzen über die Bühne. Es dauert lange, bisJawole Willa Zo Zollar zufrieden ist: „Bleibt so. Das ist die Wildheit, die ich suche.“

Zollar kam 1980 mit einer Ausbildung in afro-amerikanischen Tanztechniken aus dem Süden der USA nach Harlem, wo sie massiv mit dem aktuellen Bewegungsrepertoire der Straße konfrontiert wurde. Die Verbindung von Tradition und Zeitgenossischen bestimmt seitdem ihre Arbeit, wobei der Fokus stets auf die Definition schwarzer weiblicher Identität gerichtet ist. Die Urban Bush Women gründete Zollar 1984 gemeinsam mit Künstlern, Lehrern und Stadtteilarbeitern, die die Rolle von Kunst als Katalysator sozialer Veränderung erforschen wollen. Um schwarzen Amerikanerinnen über afrikanische Tanz- und Gesangstraditionen einen Zugang zu den eigenen Wurzeln zu zeigen und Selbstbewußtsein gleichwie Gemeinschaftssinn zu wecken, zogen sie nicht nur in die Theater Manhattans, sondern auch in die Gemeindesäle der communities im Land.

Was eine solche Arbeit auf einem europäischen Festival zu suchen hat, ist nicht ganz klar. Zwar versprühten die jungen Tänzerinnen eine Menge Spaß an der Bewegung und dem Ausprobieren und Vorstellen verschiedener Tanztraditionen, doch gab es künstlerisch nicht viel zu entdecken. Während der erste Teil des Abends durch Unterbrechungen und Selbstanalyse Dynamik verhinderte, stellte der zweite mit Batty Moves vor allem lustiges Hinternkreisen vor. Und das – aber das mag in der Natur der Sache liegen – von hinten. Trotz einiger mitreißender Tanz-, Gesangs- und Trommeleinlagen bewegte sich das Geschehen irgendwann zwischen toller Jazz Dance-Klasse und Karneval auf Tobago. Was kein negatives Urteil an sich ist, aber auf fehlende Dramaturgie verweist. Urban Bush Women, der Eindruck stellte sich leider zu Beginn des Festivals ein, sind nicht wild und gefährlich, sondern ein lustiges Völkchen, das keinem weh tut. Christiane Kühl

noch heute und morgen, 20 Uhr, k2

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