■ Urdrüs wahre Kolumne
: Kuhfladen für Bremen!

Während ich im Drogeriemarkt nach einem Mückenstift suche, bin ich genötigt, einen aufklärerischen Vortrag zum Thema Pickelcreme mit anzuhören. Die Visagistin des Hauses ist von einem derart blickdichten Makeup überzogen, daß sie keinerlei Rückschlüsse auf die Wirksamkeit der von ihr propagierten medizinischen Hautcreme der Extra Young-Line zuläßt. Worte wie Echinacea, Hammamelis, Gurke und Kieselsäure dringen an mein Ohr und immer wieder die Beschwörungsformel „frei von Konservierungsmitteln und Farbstoffen“. Plötzlich beginnt die etwa 17jährige Kundin zu weinen: „Konservierung, Farbstoffe, das is mir alles egal. Ich will nur ganz schnell die Pickel loswerden. Gebense mir irgendwas, darf auch gefährlich sein!“Jaja, es gibt mehr Probleme zwischen Himmel und Erde als Steuerreform, Braunkohle-Tagebau und Hungersnöte in Korea! Darf auch gefährlich sein...

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Es muß nicht an durchzechten Nächten ohne Ende liegen, daß der Herr Unionsvorsitzende Berni Neumann so guckt wie er da guckt auf dem Versöhnungsfoto mit dem Sparkassenangestellten Ulrich Nölle. Aber daß letzterer so isegrimmig verbissen grimassiert wie einer, dessen Klappmesser nicht weit von der Nagelfeile entfernt liegt, möchte ich mahnend zu bedenken geben. Daß hinterher keiner sagt, ich hätte aus meinem Herzen eine Mördergrube gemacht und nicht rechtzeitig ge-warnt...

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Und dann dieser neue Innen-Staatsrat Göhler! Ein General, den selbst der Bremer Senat noch einkaufen kann. Der stechende Blick, die soldatische Grundhaltung: So donnerwetter tadellos wie ein von Arno Breker persönlich animiertes Knetemännchen. Endlich mal jemand, der Vorurteile per Augenschein produziert: Solche ganzen Kerls wünschen wir uns von der Gesellschaft staatsverdrossener BürgerInnen mit Linksgewinde!

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So versucht ein Gartenfreund im Kleingartengebiet „Waller Feldmark“, seine Parzelle per Aushang im Supermarkt an den richtigen Nachfolger zu bringen: „400 qm feinster Boden und 25 qm Laube mit Wasser und Strom weit unter Schätzwert zu vergeben an Mann ab 50, der regelmäßig mindestens 20 Wochenstunden Arbeit investieren kann und ehrenwörtlich allerbeste Pflege des Strauchbestands zusichert. Es wird laufend offen und geheim kontrolliert, und wenn es nicht klappt, wird der Vertrag zum Herbst rückgängig gemacht.

Es sollen sich daher nur anständige Waller, eventuell auch Findorffer oder Gröpelinger melden!“– Fühlst Du Dich diesem Anforderungsprofil gewachsen? Sprich mich einfach heute abend beim Waller Stadtteilfest an, dann wird der Kontakt am Tresen hergestellt. Kennwort: Echte Grüne.

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Ein heißer Tip zur Sanierung des bremischen Haushalts kommt aus den Dörfern Niedersachsens, wo kaum noch irgendein Feuerwehrtag oder Schützenfest ohne die Durchführung eines Kuhfladen-Roulette über die Bühne geht. Dabei treibt man eine Kuh auf irgendeine vorher in Quadrate parzellierte Wiese, und die Koordinaten jedes Vierecks können gegen einen Zwanzigmarkschein als Lose erworben werden. Wo die Kuh dann hinscheißt, wird auch der Gewinn von einigen tausend Mark ausgeschüttet, und der übrige Erlös wird zugunsten von Kindergärten, Springbrunnen, Jugendarbeit etc. verwendet. Als tägliche Veranstaltung auf dem Marktplatz, moderiert von Achim Kinzel und unter Schirmfrauschaft von Bringfriede Kahrs sicher eine Form der Kulturförderung, die dieser Stadt alle Ehre machen würde – mehr jedenfalls als das Foltern süßer kleiner Äffchen in der Uni oder die Tatsache, daß die Holsten-Brauerei Teile ihres Ausstoßes selbst in hiesigen Kneipen durch die Hähne tropfen läßt.

Ulrich Reineking etc.