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Senat verkauft die Hafenstraße

■ Lösung am Hafenrand: Häuser werden saniert und an neue Genossenschaft verkauft / Grünes Licht noch vor der Sommerpause? Von Florian Marten

Noch vor der Sommerpause dürfte es zu einer endgültigen Einigung in Sachen Hafenstraße kommen. Nach Informationen der taz wird zwar hinter den Kulissen noch um Details gerungen – die Grundzüge der Lösung liegen aber fest. Demnach wird eine zu gründende Genossenschaft die Häuser an der Hafenstraße von der staatlichen Hafenrand GmbH zu einem „fairen“ Preis kaufen.

In der neuen Genossenschaft werden neben VertreterInnen der Hafenstraße auch renommierte Hamburger Persönlichkeiten sitzen – darunter vermutlich der Anwalt und Immobilienbesitzer Hans-Jochen Waitz und Uwe Blöcker, Chef des Verbandes der Norddeutschen Wohnungsunternehmen. Die neue Eigentümerin wird die Häuser mit Mitteln aus dem stadtstaatlichen Sondertopf „Alternative Baubetreuung“ sanieren und auch Eigenleistungen der BewohnerInnen anrechnen. Die Mieten dürften nach der Sanierung bei rund fünf Mark pro Quadratmeter liegen (kalt).

Damit zeichnet sich knapp 15 Jahre nach Beginn des Dauerkonflikts zwischen Hafenstraße und Senat eine geradezu sensationelle Lösung ab: Die Häuser bleiben ihren BewohnerInnen erhalten, und sie werden dauerhaft der Spekulation entzogen. Der Senat dagegen kann auf die honorige Zusammensetzung der noch zu gründenden Genossenschaft verweisen.

Entscheidenden Anteil an dieser Lösung hat Stadtentwicklungssenator Thomas Mirow. Sein Schlüssel für den schmalen Pfad zwischen Hafenstraßenplenum und SPD-Rechten war die Idee einer „Privatisierung des Problems“, mit der Mirow zunächst Bürgermeister Voscherau überzeugte und dann im Januar 1995 die Öffentlichkeit überraschte. Präzise getimt bugsierte Mirow sein Konzept am 7. Februar durch den Senat und kurz darauf durch die Bürgerschaft. Zunächst hatte er gehofft, Waitz und die Hafenstraße für eine lupenreine Privatisierung gewinnen zu können. Bei Gesprächen von Mirow mit Waitz, der Genossenschaft und engagierten Vermittlern zeigten sich jedoch unüberwindbare wirtschaftliche und juristische Schwierigkeiten.

Als Waitz daraufhin sogar geneigt schien, in die St. Pauli-Genossenschaft einzusteigen, war selbst der Verkauf der Häuser an diese im Gespräch. Dann jedoch zuckte Mirow zurück, weil er befürchtete, dies werde zu einem Aufschrei bei der SPD-Rechten und einem Teil der Medien führen.

Die neue Genossenschaft soll statt dessen mit größerer Verbindlichkeit und einem fest umrissenen Personenkreis dem Wunsch des Senats nach „höchstmöglicher Gewähr der Erfüllung aller Erfordernisse der Rechtsstaatlichkeit“ entsprechen, so der Senatsbeschluß vom 7. Februar dieses Jahres.

Für beide Seiten bleiben dennoch harte Nüsse zu knacken: Während sich die Hafenstraße auf höhere Mieten und größere Verbindlichkeit einstellen muß, muß Mirow den Protest von Parteirechten fürchten, die ihm den Kotau vor der Hafenstraße unterstellen werden.

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