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Vorlage zur eigenen Beseitigung

■ Soll die Hamburger Landeszentrale für politische Bildung geschlossen werden? / Gerüchte besagen es / Eine Nachfrage bei der Leiterin Helga Kutz-Bauer

taz: Durch die Stadt schwirren Gerüchte, die Hamburger Landeszentrale für politische Bildung solle abgewickelt werden. Ist etwas dran?

Helga Kutz-Bauer: Wissen Sie, vor zehn Jahren habe ich hier angefangen, seitdem kommt diese Schließungsdiskussion alle drei, vier Jahre. Vor fünf Jahren wurde sie schon einmal nur mit knapper Stimmenmehrheit im Senat abgeschmettert. Damals hatte ich schon eine Vorlage zur eigenen Beseitigung machen müssen. Allerdings harrt mein Finanzvorschlag für 1996 gerade der Absegnung durch Senat und Bürgerschaft. Alles sieht danach aus, daß das geschehen wird, die Senatskanzlei hat grünes Licht gegeben, und die Finanzbehörde hat sich nicht beschwert. Dann sind wir für 1996 noch einmal gerettet. Was allerdings 1997 passiert, das weiß kein Mensch. Aber da ich so viele Schließungsdiskussionen überstanden habe, haben wir schon damit angefangen, eine Schrift zum 100. Jubiläum des Rathauses im Jahre 1997 zu erarbeiten.

Wie gestalten sich denn die Rahmenbedingungen für Ihre Arbeit?

Im laufenden Jahr mußte ich bei den Zuschüssen für die Bildungsträger, mit denen wir zusammenarbeiten, starke Einschnitte vornehmen. Da ist jetzt die Schmerzgrenze erreicht, so daß ich im kommenden Jahr unseren eigenen Etat kürzen muß. Da liegen bereits Vorschläge vor. Außerdem wird die Stelle meines Stellvertreters, der in Pension gegangen ist, aus Spargründen für ein Jahr nicht besetzt. Überhaupt muß ich feststellen, daß politische Bildung bei sozialdemokratischen Landesregierungen merkwürdigerweise einen viel niedrigeren Stellenwert hat als bei CDU-regierten Ländern.

Sie selbst haben sich auf die freiwerdende Stelle des Direktors der Hamburger Bücherhallen beworben. Wollen Sie sich abseilen?

Sehen Sie, ich mache das hier jetzt schon zehn Jahre, da kann man schon mal Lust auf etwas anderes kriegen. Außerdem bin ich auch seit zehn Jahren im Verwaltungsrat der Bücherhallen und habe mich sehr engagiert, als es darum ging, mal näher die Finanzen dort anzugucken. Durch meine Fragen habe ich dafür gesorgt, daß ein Finanzausschuß eingerichtet wurde. Da ich sah, daß die Ausgabenpolitik zu einer Katastrophe führen muß, bin ich dort als Bremser verschrieen. Damit habe ich mir allerdings natürlich nicht nur Freunde gemacht. Damit muß ich leben.

Ihre Bewerbung hat nichts mit der Schließungsdebatte der Landeszentrale zu tun?

Nun, nach zehn Jahren will man mal was anderes machen. Und man bekommt alle drei Jahre gesagt, euch muß man einstampfen, ihr seid überflüssig, das sind natürlich Sachen, die einen nicht sehr motivieren. Andererseits kann man die Arbeit hier in der Landeszentrale nur machen, wenn man von sich aus eine Motivation hat, wenn man etwas bewegen will. Und da packt es mich natürlich immer wieder. Wenn es mit der Bewerbung nicht klappt, bin ich insofern überhaupt nicht traurig.

Wie sehen Sie Ihre Chancen?

Sehr schlecht.

Können Sie abschließend ein Plädoyer halten, warum die Landeszentrale auf jeden Fall erhalten werden soll?

Es sollte sie weiter geben, weil das, was die Landeszentrale und die an ihr hängenden Bildungsinstitutionen machen, den Menschen die Möglichkeit gibt, sich unbeeinflußt von einseitigen Interessen politisch zu orientieren und zu informieren. Und weil gerade immer mehr junge Menschen zu uns und den verschiedenen Bildungsgesellschaften kommen. Außerdem wäre so manch ein politisches Buch, was sehr wichtig geworden ist, ohne die Landeszentrale nie erschienen. Das alles gehört mit zu den Dingen, die die Fundamente unserer Demokratie bilden, denn politische Bildung ist vor allem anderen Werbung für die Demokratie.

Fragen: Dirk Knipphals

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