■ Die Bonner Regierung verteilt nun Steuergeschenke: Ist der Ruf erst ruiniert...
Die gute Nachricht zuerst: Die Koalition ist bei den Beratungen der Einkommenssteuerreform dem Arbeitnehmerflügel der CDU entgegengekommen. Sie verzichtet auf die Besteuerung der Lohnersatzleistungen und streckt die Besteuerung der Sonn-, Feiertags- und Nachtzuschläge um einige Jahre.
Nun die schlechte: Die Nachricht hat keinen Nachrichtenwert. Was da beschlossen wurde, ist das Papier nicht wert, auf dem es steht. Denn es wird das Gesetzgebungsverfahren nicht überstehen. Doch nicht nur das Scheitern steht bereits fest, sondern auch der Schuldige ist ausgemacht: „Die Blockade der SPD im Bundesrat“, hat Schäubles Vize Heiner Geißler bereits erklärt.
Bei solchen Aussichten ziehen auch die liberalen Knauser die Spendierhosen wieder an, da kann man mal wieder richtig christliche Politik machen, kann das Füllhorn über der Arbeiterschaft schwenken und zugleich dem Volk 30 Milliarden Mark Entlastung auf die Hand versprechen. Oder sind es gar schon 33 Milliarden? Egal, denn in seiner Tasche wird das Volk davon eh nichts wiederfinden. Auch dafür, das ist absehbar, wird die Bundesregierung die deutsche Sozialdemokratie zur Verantwortung ziehen.
Erbarmen mit den Sozialdemokraten, denen man abverlangte, Gegenkonzepte vorzulegen, wo keine Konzepte erkennbar waren. Erbarmen mit den Sozialdemokraten, die nun wieder mitverantworten sollen, worauf es nur eine vernünftige Antwort geben kann: Es reicht. Es gibt keinen gemeinsamen Nenner, auf den sich Steuerentlastung, Haushaltsdefizit, Nettoneuverschuldung und Euro-Kriterien bringen ließen. Das einzig Kreative an Waigels kreativer Buchführung ist die Wortschöpfung. Er hält es wohl für Wertschöpfung, früher nannte man es schlicht Konkursverschleppung. Die Gleichung der Regierung ist immer eine mit zwei neuen Löchern und drei verschiedenen Positionen. Zwei Drittel der Vorschläge leben davon, daß sie nicht realisiert werden. Die Regierungspolitik gewinnt allmählich virtuelle Züge, zukunftsträchtig wird sie deshalb allerdings noch lange nicht.
Bei solchen Aussichten kann man nur noch hoffnungsfroh mit Heiner Geißler auf die Blockade der sozialdemokratischen Bundesländer setzen. Auf daß sie, Schuld hin oder her, beenden, was eh schon gescheitert ist. Und es bleibt nur noch, der SPD Standfestigkeit zu wünschen. Dieter Rulff
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