: Leiden an der Gesellschaft
■ betr.: „Hypochonder hören die Flöhe husten“, taz vom 9. 6. 97
[...] Was die taz sich sonst hartnäckig auf die Fahne schreibt – nämlich den gesellschaftspolitischen Kontext immer mitzudenken –, fällt Wiebke Rögener im Traum nicht ein: Sie interessiert sich gerade noch für innerpsychische Konstanten („Menschen mit somatoformen Störungen verarbeiten Informationen anders als Gesunde“). Insofern ist ihre Empfehlung zur verhaltenstherapeutischen Behandlung antiquiert konsequent: Das Symptom soll weg – rasch und kostengünstig. Gesundheitsminister Seehofer kann sich über gelegentliche Hofschreiber der taz nicht beklagen! Der Homo oeconomicus is the winner. Der ganzheitliche Mensch dagegen, dessen Leiden auch immer eines an der Gesellschaft ist, wird hier schlicht unterschlagen.
Ich würde mir sehr wünschen, daß in einer angeblich so „freien und kritischen“ Presse wie der taz einmal für den ganzen Menschen – eben in seinem sozialen Umfeld – eine Lanze gebrochen wird und daher auch für die Vielfalt der therapeutischen Verfahren, für die freie Therapie- und Therapeutenwahl und für eine Humanität im sogenannten Gesundheitswesen. Annefried Hahn, Pressestelle Deutsche Vereinigung für Gestalttherapie e.V., Düsseldorf
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