: Thatchers Ziehsohn
■ Die Tories gehen nach rechts, aber nicht nach vorn
Die Tories haben sich einen Interimschef gewählt. Der 36jährige William Hague ist nicht der Tony Blair der Konservativen, und die Tories sind noch nicht an dem Punkt angelangt, an dem die Labour Party stand, als sie sich auf den rechten Weg zur Wählbarkeit machte.
Der Instinkt hat die Mehrheit der konservativen Abgeordneten weiter nach rechts getrieben. Der Flügel, der sich durchgesetzt und nun das Sagen hat, will die Tories auf einen strikt antieuropäischen Kurs trimmen. Dabei geht es diesen Politikern nicht nur um die Währungsunion, sondern auch das jetzt geschlossene Abkommen von Amsterdam, und selbst der Vertrag von Rom stehen auf deren Abschußliste. Das hat Hague am Montag deutlich formuliert. Dabei war er noch vor zwei Wochen als Kandidat der Mitte angetreten, der die Partei einigen wollte und auf einen Neuanfang setzte.
Ein Bruch mit der Vergangenheit wurde personell vollzogen – ideologisch wurde Kontinuität gewahrt. Die Persönlichkeiten vom linken Flügel wie Michael Heseltine und Kenneth Clarke haben ihren Abschied aus der Politik genommen und sitzen nur noch ihre Zeit im Unterhaus ab, wenn auch ihre politischen Vorstellungen noch von anderen in der Partei vertreten werden.
Hague war ein unbeschriebenes Blatt, als er seine Ansprüche auf die Parteiführung anmeldete. „Hague the Vague“, den vagen Hague, nannten sie ihn, weil er sich zu keiner klaren Äußerung hinreißen ließ. Das hätte ein Vorteil sein können, zumal er aufgrund seines Alters von den Skandalen und Fehlern der Vergangenheit unbelastet ist. Er hätte bei Null anfangen können, um die zerstrittene Partei zu modernisieren. Doch dann hat er sich ausgerechnet von der ehemaligen Premierministerin Margaret Thatcher über die Ziellinie tragen lassen. Baronin Untot, wie die Zeitung Independent sie nennt, hatte noch eine alte Rechnung mit Clarke offen.
Daß Hague sich ihren Leuten ausgeliefert hat, wird er noch bereuen. Denn wenn er – wie Thatcher – glaubt, daß die Tories nur zum Thatcherismus zurückkehren müssen, um wieder an die Macht zu kommen, dann werden die Konservativen für lange Zeit in der Bedeutungslosigkeit versinken und sich womöglich spalten. Dann sind auch Hagues Tage gezählt. Bericht Seite 8
Ralf Sotscheck
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