: Henkel mit ungebremstem Schaum
■ Der BDI-Chef nennt Steuerreformpläne der Koalition einen „Skandal“, DIHT-Chef Stihl kündigt Kohl „Krach“ an. Lob kommt dagegen von den Grünen
Hamburg (dpa) – Die neuen Steuerpläne der Bonner Regierungskoalition werden von der Industrie hart kritisiert. Der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Hans-Olaf Henkel, der die bisherigen Steuerpläne der Regierung unterstützt hatte, sprach von einem Skandal. Er befürchte, daß ausländische Firmen jetzt völlig abgeschreckt würden, in Deutschland zu investieren. Der Koalitionskompromiß sei „steuerpolitischer Populismus pur“.
Der Unmut der Unternehmer richtet sich besonders gegen die geplanten Einschnitte beim Verlustvortrag, mit dessen Hilfe Firmen die Verluste vergangener Jahre mit späteren Gewinnen steuermindernd verrechnen können. Das sei für viele Baufirmen „eine Katastrophe“, befürchtet der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie. Einen „Treppenwitz“ nannte Porsche-Chef Wendelin Wiedeking die Pläne der Regierung, die Unternehmen zur Finanzierung der Steuerreform zu belasten. „Wenn die Sache in Bonn so ausgeht, daß die Wirtschaft belastet statt entlastet wird, dann gibt es Krach“, warnte danach Hans Peter Stihl, Präsident des Deutschen Industrie- und Handelstags (DIHT).
In einem Interview sagte Henkel, sein Verband habe bis zuletzt die Steuerpolitik der Bundesregierung unterstützt. „Aber ein Gesetzentwurf, der es Norbert Blüm erlaubt, in die Steuerschatulle zu greifen, anstatt eine echte Rentenreform vorzulegen, ist vollkommen inakzeptabel.“ Henkel fügte hinzu: „In der Steuerpolitik scheint die Koalition von allen guten Geistern verlassen zu sein.“
Dagegen haben Bündnis 90/Die Grünen die Pläne der Bonner Koalition begrüßt. Zu deren Absicht, die Rückstellungen der AKW-Betreiber zu besteuern und die Möglichkeiten des Verlustvortrags für Unternehmen einzuschränken, sagte der haushaltspolitische Sprecher der Grünen- Bundestagsfraktion, Oswald Metzger: „Das sind Schritte in die richtige Richtung.“
SPD-Fraktionschef Rudolf Scharping bezweifelt allerdings, ob sich Koalition und Opposition endgültig über das Steuerreformvorhaben einigen können. Mit den vom Finanzausschuß beschlossenen Plänen sei dies nicht möglich. Der Bundestag will am Donnerstag über die Steuerreformen 1998 und 1999 entscheiden; im von ihr dominierten Bundesrat will die SPD die Gesetze zu Fall bringen. Seite 7
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