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Vorläufig geschätzt

SenatorInnen beraten den Etat für das kommende Jahr. Milliardenloch soll durch Unternehmensverkäufe gestopft werden  ■ Von Achim Fischer

Der Senat bemühte sich gestern, das geschätzte Milliardenloch im vorläufigen Haushaltsentwurf mit voraussichtlichen Verkaufserlösen zu stopfen. Und er bemüht sich weiter. Bis spätestens Donnerstag wollen sich die SenatorInnen auf die Eckdaten des Haushaltes 1998 einigen. Nach den Plänen der Finanzbehörde sollen die Ausgaben um 1,4 Prozent auf 18,3 Milliarden Mark steigen. Um den Haushalt ausgleichen zu können, will der Senat städtische Anteile an der Landesbank und an den Hamburgischen Electricitäts-Werken (HEW) verscherbeln.

Hinter verschlossenen Türen verhandeln die SenatorInnen darüber, welche Behörde wieviel Geld bekommt. Dabei ist bislang nur eines sicher: Die Einnahmen der Stadt, inklusive neuer Kredite, werden nicht reichen, die geplanten Ausgaben zu bezahlen. Alleine in diesem Jahr fehlen 1,5 Milliarden Mark. Für das nächste Jahr ist ein Defizit in ähnlicher Größenordnung zu erwarten. Der SPD-Landesvorstand hat daher bereits einem Teilverkauf städtischer Unternehmen zugestimmt. Finanzsenator Ortwin Runde (SPD) soll demnach 49,5 Prozent der Landesbank verkaufen und 25 Prozent der HEW verpfänden.

Die Stadt hat bereits im Januar einen Teil der HEW verkauft. Nach den jetzigen Plänen blieb ihr nur noch eine Sperrminorität von 25 Prozent. Die Statt Partei, Noch-Regierungspartnerin der SPD, hat bereits gefordert, die Stadt müsse sich notfalls auch von den restlichen HEW-Anteilen trennen. Umweltsenator Fritz Vahrenholt (SPD) aber will wenigstens die Sperrminorität behalten. „Aus energie- und standortpolitischen Gründen ist ein Anteil von mindestens 25,1 Prozent unverzichtbar“, so Vahrenholt.

Mehr als 150 MitarbeiterInnen der Landesbank protestierten gestern gegen den geplanten Verkauf des Geldinstituts. In einem offenen Brief an Bürgermeister Henning Voscherau (SPD) nannten sie es „nach wie vor unverständlich, daß Sie zur kurzfristigen Entlastung des Haushalts weiterhin an der Entscheidung für den Verkauf festhalten“. Die Beschäftigten befürchten, daß viele der 1.700 Arbeitsplätze in der Bank vernichtet werden. Eine Haushaltssteigerung von 1,4 Prozent hatte der Senat schon einmal eingeplant – für den Etat 1997. Doch schon im Mai 1997 konnte der Plan nicht mehr mit der Realität Schritt halten. Die Steuereinnahmen fielen um 530 Millionen Mark niedriger aus als noch fünf Monate zuvor geschätzt. Und auch das war nur eine Schätzung.

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