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Dreckige Fracht kam nach Bremerhaven

■ Schiff mit deutschem Plastik-Abfall aus dem Libanon zurück / Greenpeace deckte kriminellen Müllexport auf / Bremerhavener MBA bekommt 250 Mark pro Tonne

Große Müllparty gestern um 3 Uhr 30 in Bremerhaven. Mit der Anlandung des italienischen Frachters „Nuova Mediterranea“kamen 800 Tonnen unsortierter Plastikmüll zurück nach Deutschland. „Wir feiern,“sagt Greenpeace Kampagnenleiter Andreas Bernstorff. Greenpeace hatte den kriminellen Transfer von Phillipsburg in Baden-Würtemberg in den Libanon aufgedeckt und die Rückführung nach Deutschland durchgesetzt. 21 Container wurden gestern in Bremerhaven entladen, die restlichen 15 folgen nächste Woche. Der Müll wird heute ab 15 Uhr in der Bremerhavener Müllverbrennungsanlage mit Hausmüll vermischt und verbrannt.

Zwei Jahre hatte der Dreck auf dem Gelände der Firma „Friedebach & Enders“in Phillipsburg gelegen. Die Firma war 1994 in Konkurs gegangen. 1996 bekam der Eigentümer Kontakt zur Müll-Connection in den Libanon. Um die deutschen Genehmigungsbehörden zu umgehen, wurde Abfall in der Zollanmeldung als „granulierte Kunststoffreste“deklariert. Sie sollten zur Wiederverwertung in den Libanon verschifft werden. Als Wirtschaftsgut passierte der Müll im August letzten Jahres unbehelligt den Zoll. Der tatsächliche Inhalt, verschmutzte Verpackungsreste, Asbestzement, Pestizide, Kupferkabel etc. hätte nicht aus der EU exportiert werden dürfen. Die kriminelle Verschiebung des Abfalls kostete weniger als eine Beseitigung in Deutschland.

Fouad Hamdan, Greenpeacer in Beirut, wurde beim Eintreffen der Fracht im Libanon stutzig. Im Land gibt es keine Anlagen um Plastik wiederaufzubereiten. Der Libanon forderte die Rücknahme des Mülls. „Greenpeace hat uns ein Gutachten vorgelegt, durch das wir gezwungen waren, dem Rücktransport zuzustimmen,“sagt Ingo Schlüter, Sprecher des Regierungspräsidenten in Karlsruhe. Ein zusätzliches Gutachten ließ das Ministerium für Umwelt Baden-Würtemberg vom Deutschen Kunststoffinstitut Krefeld erstellen. Dieses Gutachten liegt der Bremerhavener Entsorgungsgesellschaft (BEG) vor.

„Zoll, Umweltbehörde und BEG haben gestern morgen die Container stichprobenartig in Augenschein genommen und festgestellt, daß es sich um den Müll aus Baden-Würtemberg handelt“, sagt Heinrich Ketteler, Geschäfstführer der BEG. Heute ab 15 Uhr werden die Container zur Müllverbrennungsanlage verbracht und vor der Verbrennung noch einmal untersucht. „Wir wollen ganz sicher gehen, daß wir auch wirklich das Zeug verbrennen, was wir laut Gutachten verbrennen dürfen,“so Ketteler. Die BEG verdient ca. 200.000 Mark, 250 Mark pro Tonne, an der Beseitigung. Die Kosten für den Rücktransport und die Verbrennung trägt der „Solidarfond Abfallrückführung“, den die deutsche Industrie eingerichtet hat und der vom Bundesumweltministerium verwaltet wird.

Zwei Mitglieder der deutsch-libanesischen Müllconnection sind verurteilt worden: In der Bundesrepublik wurde ein Altreifenhändler aus Hagen in Nordrhein-Westfalen im April zu vier Jahren Freiheitsentzug verurteilt. Ein Gericht im Libanon verhängte zehn Jahre Zwangsarbeit gegen einen Libanesen - allerdings in Abwesenheit des Beschuldigten.

Greenpeace registriert wieder eine Zunahme der illegalen Müll-Geschäfte. Greenpeace fordert ein generelles Verbot von Transporten giftiger Abfälle in Nicht-OECD-Staaten. schuh

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