: Jagd auf den Kreuzberger Feuerteufel
■ Brandserie rund um den Görlitzer Park läßt Bewohner von SO 36 nicht mehr ruhig schlafen. Dabei hat die Kriminalpolizei den Täter möglicherweise schon gefaßt
Die Kreuzberger Hauswartsfrau Eveline D. hat seit Tagen kaum ein Auge zugemacht. Seit es vergangenen Freitag in ihrem Wohnhaus in der Sorauer Straße gebrannt hat, liegt sie nachts mit einer Riesentaschenlampe auf der Lauer. „Sobald ich ein merkwürdiges Geräusch höre, mache ich das Fenster auf und leuchte die Straße ab“, erzählt die beleibte 44jährige. Wenn ihr etwas verdächtig vorkomme, gehe sie runter und gucke nach. „Ich habe unten eine Stock stehen. Wenn der kommt, kriegt der eins vor die Birne“, sagt sie und lacht siegessicher.
„Der“, das ist der sogenannte Feuerteufel aus SO 36. Seit Anfang Juni hat es in den Häusern rund um den Görlitzer Park zehnmal gebrannt. Polizei und Feuerwehr sind davon überzeugt, daß ein Brandstifter am Werke ist. Vielleicht hat sich auch schon ein Trittbrettfahrer angehängt. Stets standen Keller in Flammen. Es begann am Freitag, den 6. Juni, mit einer „richtigen Kellerbrandserie“, erzählt der Pressesprecher der Feuerwehr, Andreas Ohlwein. Um 9.55 Uhr ging es in der Ratiborstraße 17 los. Um 10.04 Uhr standen Kellerverschläge in der Ratiborstraße 4 in Flammen. 10.40 Uhr mußte die Feuerwehr in der Liegnitzer Straße 20 anrücken, um dort 300 Quadratmeter Kellerfläche zu löschen. Das war laut Ohlwein der bislang größte Einsatz im Rahmen der Serie. 12.03 Uhr ging es in der Wiener Straße 14b weiter. 12.52 Uhr brannte Müll und Gerümpel in der Cuvrystraße 22, und um 13.22 Uhr Abfälle in einem Keller in der Görlitzer Straße 71.
Nach zweiwöchiger Pause stand am vergangenen Freitag in der Görlitzer Straße 55 nachmittags plötzlich ein Kinderwagen in Flammen. Kurz nach Mitternacht mußte die Feuerwehr die Bewohner der Sorauer Straße 26 evakuieren. Personen mußten wegen Verdachts einer Rauchvergiftung ins Hospital. Sonntag nacht brannte Gerümpel in der Görlizer Straße 64. „Kellereinsätze sind für die Feuerwehr mit das schlimmste“, sagt Ohlwein. Oft seien die Verliese mit undefinierbarem Gerümpel, zehn Jahre alten Farbresten und Altöl vollgemüllt. „Bei 400 Grad Hitze einen von innen mit Karnickeldraht vernagelten Verschlag zu öffnen, ist hart.“ Ein Feuer auf dem Dach, „bei dem der rote Hahn oben rauskommt und die Hitze abziehen kann“, sei einem Feuerwehrmann lieber.
„Wir würden den lynchen“, beschreibt Hauswartsfrau Eveline D. die Stimmung in der Nachbarschaft. Im Kiez habe man einen Anwohner in Verdacht, der jeden Tatort fotografiert habe, verrät sie. „Den Ruf, ein Feuerteufel zu sein, wird man nicht mehr los“, warnt ein Brandexperte vor solchen Verdächtigungen. Kurz vor Redaktionschluß erfuhr die taz, daß die Polizei einen Tatverdächtigen festgenommen hat. Der Bewohner des Kiezes werde vernommen, bestätigte der Kripo-Beamte Thomas Behle. Es handle sich aber nicht um den von den Betroffenen verdächtigten Mann. Plutonia Plarre
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