: Grüner Punkt mit schwarzer Null
Das Duale System Deutschland legte erstmals eine ausgeglichene Jahresbilanz vor. Umweltministerin Angela Merkel startet zweiten Versuch, die Verpackungsverordnung zu novellieren ■ Von Gudrun Giese
Berlin (taz) – Das Duale System Deutschland (DSD), das gegen Gebühr das Signet „Grüner Punkt“ vergibt, präsentierte bei seiner gestrigen Bilanzpressekonferenz eine „schwarze Null“ und viel Optimismus. Der Vorstandsvorsitzende Wolfram Brück kritisierte allerdings, daß nach wie vor die Novellierung der Verpackungsverordnung ausstehe.
Nach Angaben des Unternehmenssprechers Gunnar Sohn tragen inzwischen 75 Prozent der Verpackungen den Grünen Punkt. Dieser stellt Hersteller und Händler vom Zwang frei, selbst die Entsorgung der Verpackungen zu übernehmen. Es gebe aber „zu viele Trittbrettfahrer“, moniert das Unternehmen. Der DSD-Aufsichtsratsvorsitzende Karl-Josef Baum nannte exemplarisch die Packmittellieferanten für Bäckereien und Metzgereien, die bisher keine Lizenzen für ihre Verpackungen erworben hätten; dem Dualen System entgingen dadurch 155 Millionen Mark.
Das Unternehmen konnte dennoch eine erfreuliche Bilanz vorlegen. Hatte das DSD 1993 noch mit dem horrenden Fehlbetrag von einer Milliarde Mark abgeschlossen, war die 96er Bilanz erstmals ausgeglichen – für ein nicht gewinnorientiertes Unternehmen das optimale Ergebnis.
Die Gesellschafter haben beschlossen, die GmbH rückwirkend zum 1. 1. 1997 in eine Aktiengesellschaft umzuwandeln. Den Börsengang plant das Duale System jedoch nicht. Der in der Satzung festgelegte Non-profit-Status bleibt erhalten; die Aktien sind als „vinkulierte Namensaktien“ fest den bisherigen Gesellschaftern, 564 Handels- und Verpackungsunternehmen, zugeordnet. Mit der Umwandlung habe man erreichen wollen, daß die Informationsrechte der Gesellschafter eingeschränkt werden: In der Vergangenheit hatten einige ihr Wissen ausgenutzt, um Marktdaten über Konkurrenten zu erhalten, erklärte Sohn.
Weiterhin gibt es auch Kritik am Grünen Punkt: Der abfallpolitische Sprecher der Bündnisgrünen im Bundestag, Jürgen Rochlitz, warf dem Dualen System vor, kein Interesse an Abfallvermeidung zu haben. Die BürgerInnen müßten neben den kommunalen Abfallgebühren zusätzlich die Grüne-Punkt-Gebühren zahlen, die sich auf durchschnittlich 75 Mark pro Kopf und Jahr beliefen.
Der Hamburger Umweltsenator Fritz Vahrenholt (SPD) hatte kürzlich ebenfalls einen Vorstoß gegen das Sammelsystem unternommen. In einem Brief an Wirtschaftsverbände und Handelskonzerne hatte er vorgeschlagen, kleine Kunststoffverpackungen, die überproportionale Kosten verursachen, über die grauen Tonnen einzusammeln und zu verbrennen. Der Vorstandsvorsitzende des Dualen Systems, Wolfram Brück, unterstellte Vahrenholt, mit diesem Vorstoß vor allem die bessere Auslastung der Müllöfen zu bezwecken.
Das Bundesumweltministerium versucht inzwischen zum zweiten Mal, die Verpackungsverordnung zu novellieren. Nachdem der Umweltausschuß des Bundesrats die erste Vorlage mit knapper Mehrheit abgelehnt hatte, ließ Umweltministerin Angela Merkel eine leicht modifizierte Vorlage erarbeiten, die das Kabinett im Mai beschlossen hat. Im September soll der Bundesrat darüber beraten.
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