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Defizit an Demokratie

■ Bundesverwaltungsgericht entscheidet gegen Zeugen Jehovas

Berlin (taz) – Die Zeugen Jehovas haben keinen Anspruch darauf, eine Körperschaft des öffentlichen Rechts zu werden. Für diese Privilegierung fehle der Gemeinschaft die „unerläßliche Loyalität zum demokratisch verfaßten Staat“, entschied gestern das Bundesverwaltungsgericht in einem Musterprozeß. Damit hob es die Urteile des Verwaltungs- und des Oberverwaltungsgerichts Berlin auf und verschärfte gleichzeitig die verfassungsrechtlichen Bedingungen für die Verleihung dieses Status an Religionsgemeinschaften.

Die Zeugen Jehovas hatten argumentiert, das Grundgesetz räume einer Religionsgemeinschaft Anspruch auf eine öffentliche Körperschaft ein, wenn sie ausreichend Mitglieder hat, auf Dauer angelegt ist und „Rechtstreue“ zeigt. Mit dem Status kann eine Gemeinschaft u.a. eigene (Kirchen)Steuern erheben und braucht keine Grunderwerbs- und Erbschaftssteuern zahlen. Anders als der Berliner Senat, der den Zeugen diesen Rechtstitel verwehrte, entschieden die Gerichte bisher für die Zeugen Jehovas.

Dem haben die Bundesrichter gestern widersprochen. Weil die Zeugen Jehovas aus religiösen Gründen die Teilnahme an politischen Wahlen ablehnen, setzten sie sich „in Widerspruch zu dem für die staatliche Ordnung konstitutiven Demokratieprinzip“, erklärte das Gericht. Wer die zentrale Bedeutung von Parlamentswahlen für den Staat mißachte, habe keinen Anspruch auf Privilegierung durch eben diesen Staat. (BVerwG 7 C 11.96)

Dieses Erfordernis der „besonderen Kooperation mit dem Staat“ bedeute, „daß der Staat indirekt Einfluß auf Glaubensinhalte nehmen kann“, kritisierte der Anwalt der Zeugen, Armin Pikl, die Entscheidung. Die Gleichbehandlung aller Religionsgemeinschaften werde dadurch eingeschränkt. Über eine mögliche Klage beim Bundesverfassungsgericht sei aber noch nicht entschieden. Bernhard Pötter

Kommentar Seite 10

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