: Der Zoll wird radio-aktiv
Greenpeace darf verseuchtes Meerwasser und Sedimente aus der Umgebung der WAA La Hague nicht in Hamburg einführen ■ Von Achim Fischer
Ist Wasser Wasser, Ware oder Atommüll? Mit radioaktivem Meerwasser aus der Umgebung der französischen Wiederaufarbeitungsanlage (WAA) La Hague am Ärmelkanal sorgte Greenpeace gestern für Verwirrung unter den Hamburger Behörden. Die Umweltschützer hatten rund um das WAA-Abflußrohr Wasser- und Bodenproben entnommen. Das Material sei wegen seiner radioaktiven Belastung „eindeutig als Atommüll einzustufen“, befand Greenpeace und nahm Kurs auf Hamburg, um den Müll dorthin zu bringen, wo er größtenteils herkam – aus Schleswig-Holstein und anderen Bundesländern.
15 Liter Meerwasser und 30 Kilogramm Sediment am Ende der WAA-Abwasserleitung hat das Greenpeace-Team in den vergangenen zehn Tagen gesammelt. Erste Analysen an Bord der „Rainbow C“und in einem Strahleninstitut der Uni Bremen ergaben: Die Proben gelten als „schwach radioaktiv“. Inge Lindemann, Atomexpertin bei Greenpeace: „Wir haben den Atommüll in Sicherheitsverwahrung genommen, weil Bundesumweltministerin Angela Merkel sich trotz wiederholter Anfragen zur Rücknahme des Strahlenabfalls nicht veranlaßt sieht.“
Die WAA verstoße mit ihren Einleitungen gegen internationales wie französisches Recht. Und sei im übrigen in Deutschland nicht genehmigungsfähig. „Das deutsche Atomgesetz verbietet die Einleitung derartig belasteten Strahlenmülls ins Meer.“Das deutsche Gesetz verbietet noch viel mehr. Zum Beispiel den Umgang mit radioaktivem Material ohne entsprechende Genehmigung. Oder die Einfuhr desselben ohne behördliche Erlaubnis. Beides machte das Greenpeace-Team, beides ohne amtlichen Segen. Also kamen nach dem Anlegemanöver vor den Fischmarkthallen Zoll und Wasserschutzpolizei an Bord und versiegelten die strahlende Ladung. „Wir haben ein Verbringungsverbot ausgesprochen“, erklärte Michael Schrader, Leiter des Zollkommissariats Hafen. Soll heißen: „Der Schiffsführer darf die Ware nicht von Bord bringen.“Warum nicht? „Das könnte verstrahlt sein.“Alles weitere habe die Gesundheitsbehörde zu prüfen. Und verseuchtes Wasser, das ohne Greenpeace über die Grenzen fließt? „In diesem Fall kommt das Meerwasser ohne Einführer über die Seegrenze. Dafür ist der Zoll nicht zuständig.“
Den Anführer der Einführer könnte die Aktion teuer zu stehen kommen. Die Gesundheitsbehörde hat schon zum Geigerzähler gegriffen und mißt, ob er – ordnungswidrigerweise – Atommüll ohne Genehmigung eingeführt hat. Außerdem, so Behördensprecherin Tordis Batscheider, gehe es darum, ob „das Zeug“eine Gefährdung für das Greenpeace-Team und die Öffentlichkeit darstellt. Dann drohten Bußgelder. Nicht gegen die WAA-Betreiber. Gegen den Kapitän der „Rainbow C“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen