: Streit über Nazivergleich
■ Jüdische Gemeinde fordert die Rücknahme von Barzels Kündigung
Zwischen dem Berliner Senat und der Jüdischen Gemeinde ist wegen der Entlassung des Direktors des Jüdischen Museums, Amnon Barzel, ein offener Streit ausgebrochen. Die Gemeinde wertete die Entscheidung als „politische Instinktlosigkeit“. In einer Presseerklärung erklärte der am Mittwoch gewählte Vorstand: „Unsereres Wissens ist in Berlin seit 1945 kein Museumsdirektor entlassen worden. Leider drängt sich der traurige Vergleich mit der finsteren Zeit zwischen 1933 und 1938 auf, in der jüdische Museumsdirektoren ihres Amtes beraubt wurden.“ Die Gemeinde forderte den Senat auf, die Kündigung rückgängig zu machen.
Der Sprecher der Kulturverwaltung, Axel Wallrabenstein, betonte, daß die Entscheidung „eine definitive Sache ist“. Die Meldung der Nachrichtenagentur dpa, wonach es „Möglichkeiten zur weiteren Zusammenarbeit unter bestimmten Bedingungen gebe“, stamme nicht von der Kulturverwaltung. Es habe in den letzten Wochen drei Gespräche zwischen Barzel und dem Kultursenator Peter Radunski gegeben und in allen habe Barzel den Senat nur „beschimpft“. „Mit ihm ist kein sachliches Gespräch möglich, die Trennung ist überfällig.“ Barzel bestreitet „Beschimpfungen“, der eigentliche Dissens sei, daß Berlin kein autonomes jüdische Museum wolle. Gegen die Kündigung will er vor Gericht Widerspruch einlegen.
Gestern trafen der neue Gemeindevorsitzende, Andreas Nachama, sein Vorgänger Jerzy Kanal und Peter Radunski zu einem Krisengespräch zusammen. Dabei will der Senat nach Angaben Wallrabensteins als Voraussetzung für weitere Gespräche eine Entschuldigung: „Man kann den Senat nicht mit den Nazis vergleichen.“ Nachama wiederholte gegenüber der Nachrichtenagentur Reuter seine Kritik und die Forderung der Jüdischen Gemeinde nach Autonomie des Museums. „Kein Jüdisches Museum wäre besser als ein solches“ (eine unselbständige Abteilung innerhalb des Stadtmuseums).
Kritik an der Presseerklärung übte gestern auch der kulturpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Nikolaus Sander. Die Entlassung Barzels sei „bedauerlich, aber unvermeidbar“. Die Fraktion Bündnis 90/Grüne forderte den Senat auf, die Entscheidung zu „überdenken“. Die Kündigung sei ein „Symbol für das Versagen des Kultursenators“. Anita Kugler
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